Man brauche keine "Stadt Muhammeds im Herzen Europas". So kommentierte der Wiener Vizebürgermeister Dominik Nepp (FPÖ) auf Facebook sowie in einer Presseaussendung die Meldung, dass der Name in drei Bezirken der beliebteste Babyname 2019 war. Ein Wiener Politaktivist sieht darin Hetze und zeigt Nepp an. Ob er damit erfolgreich sein kann, ist unter Juristinnen umstritten.

Sachverhaltsdarstellung eingebracht

Laut aktueller Babynamen-Statistik ist Muhammed im 10., 15. und 20. Bezirk der beliebteste Vorname für Buben. Die Gesamtstatistik wird von David angeführt, bei Mädchen ist es Anna. Konkret schrieb Nepp am Dienstag: "In drei Bezirken Wiens ist der beliebteste Vorname Muhammed. Das ist eine bedenkliche Entwicklung. Wir brauchen keinen islamistischen Gottesstaat und wollen keine Stadt Muhammeds im Herzen Europas." Dazu postete er das Foto eines Buben beim muslimischen Gebet.

Der Wiener Politaktivist Muhammed Yüksek veröffentlichte daraufhin am Mittwoch ein Video auf Facebook. "Genug ist genug", sagte er, vor einer Polizeistation in Favoriten stehend. Er kritisierte, dass Nepp den Namen mit "terroristischen und islamistischen Sachen in Verbindung bringe". Personen, die sich davon angegriffen fühlen, sollten es ihm gleichtun und Nepp wegen Hetze gegen eine Minderheit anzeigen. Yüksek brachte eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein. Auf Twitter erklärte die Landespolizeidirektion Wien zudem, dass man das Posting an den Verfassungsschutz weitergeleitet habe.

Nepp versteht sein Posting als Kritik an "von Rot-Grün verursachten Fehlentwicklungen". Diese lasse er sich nicht verbieten, wie er in einem weiteren Facebook-Posting als Reaktion auf Yükseks Klage nachsetzte. Der Wiener Landtagsabgeordnete Michael Stumpf, ebenfalls FPÖ, sprang Nepp in einer weiteren Aussendung bei und schrieb über die Klage von "Meinungsdiktatur zugunsten weiterer Islamisierung".

Erfolgsaussichten für Anzeige

Wie erfolgreich eine Anzeige wegen Verhetzung ist, ist bei Expertinnen umstritten. Die Juristin Angelika Adensamer von Epicenter Works erklärt auf Nachfrage des STANDARD in einer kurzen Einschätzung, dass die Schwelle für Verhetzung sehr hoch sei und es für sie in diesem Fall nicht danach aussehe. Auch Medienanwältin Maria Windhager, die auch den STANDARD vertritt, teilt diese Einschätzung. Verhetzung liege unter anderem bei einem Gewaltaufruf gegen eine Gruppe vor, das sei hier nicht der Fall. Der Tatbestand der Verhetzung werde aber auch erfüllt, wenn gezielt Hass gegen eine Gruppe geschürt wird oder sie beschimpft wird, um sie in ihrer Menschenwürde zu verletzen. Ob das vorliegt, sei zu prüfen – Windhager ist jedoch skeptisch. Der Fall zeige jedenfalls die Grenzen des aktuellen Verhetzungsparagrafen auf.

Anders sieht es die ebenfalls auf Medienrecht spezialisierte Anwältin Margot Rest. Sie erklärt auf STANDARD-Anfrage: "Aus meiner Sicht erfüllen die Facebook-Postings von Herrn Nepp den Tatbestand der Verhetzung im Sinne des Paragrafen 283 Absatz 1 Ziffer 2 Strafgesetzbuch, da er die Mitglieder der muslimischen Religionsgemeinschaft in Österreich pauschal als Islamisten und damit als radikal aburteilt. Diese Kategorisierung ist zweifelsohne geeignet, die Menschenwürde der Muslime in Wien/Österreich zu verletzen beziehungsweise stellt dies eine Beschimpfung dieser Religionsgemeinschaft dar, die geeignet ist, diese Gruppe in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen beziehungsweise herabzusetzen." (br, 10.1.2020)