Wien wächst langsamer als noch vor wenigen Jahren angenommen.

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Wien – Die letzte Prognose hat gehalten. Nach der Flüchtlingskrise 2015 rechnete die Statistik Austria damit, dass Wien bereits im Jahr 2022 die nächste Hürde nehmen könnte und zwei Millionen Einwohner zählen werde. Diese Annahme wurde zwei Jahre später revidiert und auf das Jahr 2026 verschoben, bevor es 2018 erstmals hieß: 2027 – dann aber wirklich.

Laut den vorläufigen Daten der Wiener Landesstatistik hält diese Vorhersage, zumindest nach aktuellem Stand. So ist die Stadt im Jahr 2019 um rund 14.500 Personen gewachsen. Das Wachstum ist im Vergleich zum Jahr davor wieder gestiegen, liegt allerdings weiter unter dem Zehn-Jahres-Mittel von 22.000 Personen, wie Klemens Himpele, Leiter der zuständigen Magistratsabteilung 23, am Freitag vor Journalisten erklärte.

Am Stichtag, dem ersten Jänner dieses Jahres, lebten in Wien etwas mehr als 1,91 Millionen Menschen. Damit wird Wien ab Februar, wenn Großbritannien samt London die Europäische Union verlässt, die fünftgrößte Stadt im Staatenverbund sein.

37 Prozent aus dem Ausland

Gestiegen ist um 0,4 Prozentpunkte auch der Anteil der im Ausland geborenen Bevölkerung. Der Stand von rund 37 Prozent, der dadurch erreicht wurde, ist laut Himpele auch für eine Millionenmetropole durchaus ein "außergewöhnlicher Wert". In der Stadt geht man zwar davon aus, dass der Anteil weiterhin steigt, in den kommenden 20 bis 30 Jahren allerdings unter der 40-Prozent-Marke liegen wird.

Insgesamt setzt sich das Plus bei der Wiener Bevölkerung aus zwei Faktoren zusammen: der Geburtenbilanz und der Wanderungsbilanz. Erstere fällt mit 19.500 Neugeborenen und 17.000 Todesfällen positiv aus – das ist ein Plus von 2500 Einwohnern. Der große Rest – das sind 12.000 Personen und damit fünf Sechstel des Wachstums – ist nicht in Wien geboren und ergibt sich aus dem Saldo derjenigen, die aus anderen Bundesländern oder dem Ausland nach Wien zu- und abgewandert sind.

Zum Vergleich: Das ist eine Steigerung im Vergleich zum Jahr 2018 von 5679 Personen. Diese Zahl bleibt jedoch klar unter dem langjährigen Mittel seit 2009 (plus 19.000 Personen).

Viele aus Rumänien

Unter den 2019 neu hinzugekommenen 14.500 Wienern sind die zehn am stärksten gewachsenen Geburtsländer für mehr als zwei Drittel des Gesamtwachstums verantwortlich. Die Top Drei sind Rumänien (plus 2.100) vor Deutschland (plus 1.900) und Österreich (plus 1.800).

Spannend sei bei der Aufstellung der Geburtsländer laut Himpele, dass das Plus jener Personen, die in für Wien klassischen Zuwanderungsländern geboren sind, aktuell stagniert oder schrumpft.

90.000 Serben in Wien

Während der Zuwachs der in Serbien und Montenegro geborenen Wiener 2018 noch 457 Personen betrug, blieb der Saldo im Vorjahr genau gleich. Mit rund 90.000 Zugehörigen sind die Serben nach den Österreichern die größte Bevölkerungsgruppe in Wien. Dahinter liegen auf Platz drei die Türken mit rund 66.000 Personen – 2019 nahm die Zahl um 300 Personen ab.

Im Gegensatz zu den Jahren 2015 bis 2017 – der Zeit der großen Fluchtbewegung – spielen die damals wichtigen Herkunftsländer mittlerweile nur noch eine kleine Rolle. Menschen aus Syrien, Irak, Iran und Afghanistan haben im Jahr 2019 mit einem Plus von rund 2.500 relativ wenig zum Einwohnerwachstum beigetragen. Damit liegt das Niveau – wie bereits im Jahr 2018 – wieder in etwa auf jenem von 2012.

Wien ist 1,5 Monate gealtert

Mit 51,2 Prozent leben in Wien etwas mehr Frauen als Männer. Das Medianalter der Wiener liegt bei 41 Jahren. Der Durchschnittswiener ist somit im vergangenen Jahr 2019 um eineinhalb Monate gealtert. Trotzdem bleibt die Bundeshauptstadt, die bis Ende der 1990er-Jahre noch das älteste Bundesland war, auch 2019 das jüngste vor Vorarlberg.

Einen Beitrag zur Alterung findet man in einem schon viele Jahre zurückliegenden Phänomen. Zwar haben mit Ausnahme der 65- bis 79-Jährigen insgesamt alle Altersgruppen zugelegt, eine jedoch besonders: Denn die erste Generation der sogenannten "Anschluss-Babyboomer" mit dem Geburtsjahr 1939 ist 2019 in die Gruppe der über 80-Jährigen gewechselt; das erklärt auch das Minus bei den 65- bis 79-Jährigen.

Die Altersgruppe 80 plus wuchs dadurch um neun Prozent und von allen Kohorten am stärksten. "Das wird in den nächsten Jahren noch so weitergehen", betonte Himpele. Als "Anschluss-Babyboom" wird der starke Anstieg der Geburtenrate ab Ende der 1930er-Jahre bezeichnet, der sich bis 1944 fortgesetzt hat, wie er erklärte.

Außenbezirke legen zu

Um rund 55 volle Schulklassen – 1.400 Menschen – ist aber auch die Altersgruppe der Null- bis 14-Jährigen gewachsen.

Die Wiener zieht es nach der starken Verdichtung bis 2017 in den Innenbezirken nun vor allem in die Außenbezirke, und das besonders in den Süden und Osten. Das ist ob der dortigen Stadtentwicklungsgebiete und der stark verbauten Innenstadt jedoch wenig überraschend. Am prozentuell stärksten wuchs im Jahr 2019 der Bezirk Liesing mit 3,7 Prozent, am stärksten verlor mit minus 3,2 Prozent die Bevölkerungszahl im ersten Bezirk. Ein deutlicheres Wachstum gibt es auch in Simmering und der Donaustadt. (Oona Kroisleitner, Emil Biller, 10.1.2020)