Gegen den Bau des Adani-Kohlekraftwersk wird in Australien seit Jahren protestiert.

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Feuerwehrleute im Osten des australischen Kontinents konnten am Sonntag wenigstens etwas aufatmen. Deutlich kühlere Temperaturen und Regenfälle ermöglichten es den Einsatzkräften, die Ausbreitung dutzender von Großfeuern zu verhindern. Trotzdem brannten auch am Sonntagabend landesweit noch etwa 150 Feuer.

Am Samstag starb im Bundesstaat Victoria ein Feuerwehrmann. Der 60jährige war bei Löscharbeiten von einem fallenden Baum erschlagen worden. Damit sind seit September 27 Menschen Opfer der Buschfeuer geworden. Mindestens 2000 Häuser sind abgebrannt. Die Gefahr ist noch keineswegs gebannt. Mehrere Feuer bedrohen weiterhin Siedlungen und Dörfer. Zwei Großfeuer im Raum der australischen Alpen hatten sich am Samstag zu einem 6000 Quadratkilometer umfassenden Megafeuer vereint.

Australiens Premier Scott Morrison will den Einfluss des Klimawandels auf die Buschbrände untersuchen lassen.
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Premierminister will Rolle des Klimawandels untersuchen lassen

Premierminister Scott Morrison entschuldigte sich am Sonntag für sein Verhalten zu Beginn der Katastrophe. Er meinte, er würde den Urlaub in Hawaii nicht mehr nehmen, der zu massiver Kritik geführt hatte. Außerdem stellte er die Schaffung einer Untersuchungskommission zur Entstehung der Buschfeuer in Aussicht. Dabei solle auch die Rolle erforscht werden, die der Klimawandel bei der Entstehung und Intensität von Feuersbrünsten spielen könnte.

Morrison, ein entschiedener Verfechter fossiler Energieträger, war bis vor kurzem erklärter Klimaskeptiker. Erst vor zwei Wochen meinte er nach massivem Druck von Kritikern, Klimawandel spiele eine Rolle bei der Serie zerstörerischer Buschfeuer – als "einer von mehreren Faktoren".

Greta Thunberg forderte Siemens zum Handeln auf

Die Rolle australischer Kohle und deren Emissionen bei der Erderwärmung dürften in den kommenden Tagen auch weltweit so prominent diskutiert werden wie kaum je zuvor. Die Klimaaktivistin Greta Thunberg hat sich in einen Streit um die Zukunft einer der potenziell größten Kohletagebauminen der Welt eingeschaltet. Die 17jährige Schwedin rief den deutschen Industriekonzern Siemens dazu auf, Pläne für den Bau einer Signalanlage für die Firma Adani in Nordostaustralien abzubrechen.

Aktivisten von Extinction Rebellion demonstrierten am Samstag vor der Siemens Zentrale in München.
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Das indische Rohstoffhaus will im Bundesstaat Queensland vorerst jährlich 27 Millionen Tonnen Kohle abbauen. Die Produktion könnte bis zu 60 Millionen Tonnen ausgebaut werden. Der Rohstoff muss über eine knapp 200 Kilometer lange Bahnlinie zu einem Hafen gebracht werden. Von dort soll die Kohle durch das Gebiet des unter den Folgen des Klimawandels bereits stark leidenden Barrier Reefs verschifft werden.

Gegen das Projekt gibt es seit Jahren heftigen Widerstand von Seiten von Umweltschützern. Kritiker beklagen nicht nur die Tatsache, dass Kohle aus der Mine die Erderwärmung weiter anheizen würde. Die Anlage hätte auch schwerwiegende Folgen für den Grundwasserspiegel und würde das Überleben verschiedener Tierarten in Frage stellen. Außerdem träte sie die Rechte der Ureinwohner im betroffenen Gebiet "mit Füssen", so ein Aktivist von der Bürgerrechtsgruppe "Stop Adani".

Siemens hält am Vertrag fest

Siemens-Chef Jo Kaeser hat darüber nachgedacht, ob der Konzern einen Auftrag im Wert von etwa 20 Millionen Euro für den Bau einer Signalanlage für die Bahnlinie zurückziehen soll. Am späten Sonntagabend wurde dann die Entscheidung bekannt gegeben: Der Vertrag wird nicht gekippt, Verträge seien einzuhalten, erklärte der Konzernchef.

Die australische Regierung steht voll hinter dem Kohleprojekt – einem von mehreren in Queensland geplanten oder vorgesehenen Großminen. Premierminster Scott Morrison hatte geplant, in den kommenden Wochen nach Indien zu reisen, um unter anderem für die Kohleindustrie zu werben. Er soll die Reise nun aber verschoben haben.

Australien ist ein führender Förderer von Kohle. Die Ausfuhren des fossilen Brennstoffs tragen mit jährlich etwa 50 Milliarden US Dollar zum Exporteinkommen bei. 2018 waren rund 36 000 Beschäftigte in der Kohleindustrie angestellt. Der mit dem Barrier Riff verbundene Tourismus allein stellt rund 70 000 Arbeitsplätze.

Siemens bot Fridays for future-Aktivistin Posten im Aufsichtsrat an

Nach einem Streitgespräch mit der deutschen Klimaaktivistin Luisa Neubauer von Fridays for future, über die Beteiligung von Siemens an dem Adani-Kohlekraftwerk, hat Kaeser der 23-Jährigen einen Posten im Aufsichtsrat des Technologiekonzerns angeboten. "Ich möchte, dass die Jugend aktiv sich beteiligen kann", sagte Kaeser am Freitag in Berlin.

Neubauer lehnte das Siemensangebot jedoch ab, denn sie kenne das Aktienrecht: "Mit dem Posten wäre ich den Interessen des Unternehmens verpflichtet und könnte Siemens dann nicht mehr unabhängig kommentieren. Das ist nicht mit meiner Rolle als Klimaaktivistin zu vereinbaren." Stattdessen forderte sie Kaeser auf den ihr angebotenen Kosten einem Wissenschaftler der Gruppe Scientists for future zu geben.

Kaeser bedauerte Neubauers Entscheidung und erklärte: "Wir stehen mit Frau Neubauer und allen Menschen, die den Klimawandel als Bedrohung sehen, auf einer Seite. Und wir haben diesbezüglich das gleiche Ziel: den Klimawandel zu bekämpfen. Meine Tür steht weiterhin offen." (Urs Wälterlin Canberra, red, 12.1.2020)