Am Samstag besiegelten Merkel und Putin ihren gemeinsamen Kurs in Sachen Nord Stream 2 per Handschlag in Moskau.

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Moskau – Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Wladimir Putin haben trotz der US-Sanktionen ihren Willen zur Fertigstellung der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2 bekräftigt. Die polnische Regierung äußerte dagegen scharfe Kritik an dem Gaspipelineprojekt, gegen das US-Sanktionen in Kraft sind.

Putin stellte am Samstag nach Gesprächen mit Merkel in Moskau eine Fertigstellung der Gaspipeline bis spätestens Anfang kommenden Jahres in Aussicht. Er zeigte sich überzeugt, dass Russland die Pipeline wie angekündigt selbst fertigstellen werde. Er hoffe, dass die Arbeiten bis Ende 2020 oder im ersten Quartal 2021 abgeschlossen seien und die Pipeline in Betrieb genommen werde, sagte er. Ausländischen Partner benötige es keine.

Auch Merkel stellte sich hinter das Pipelineprojekt. Sie glaube, dass es möglich sei, das Vorhaben trotz der dagegen verhängten US-Sanktionen zu vollenden. Allerdings werde es dabei eine "gewisse Verzögerung" geben, sagte die Kanzlerin. Die deutsche Bundesregierung halte die "exterritorialen Sanktionen für nicht richtig" und unterstütze das Projekt deshalb auch weiterhin.

US-Sanktionspolitik stärkt russisch-deutsche Partnerschaft

Die diplomatische Annäherung zwischen Deutschland und Russland ist insofern bedeutend, als dass zwischen den zwei Ländern in den vergangenen Jahren eher Eiszeit herrschte. Seitdem Russland 2014 die Krim annektiert hatte, hielten Putin und Merkel zwar Kontakt. Gemeinsame Pressekonferenzen gerieten aber meist zu einem spannungsgeladenen Schlagabtausch.

Das aktuelle Tauwetter ist daher unter anderem der Politik von US-Präsident Donald Trump geschuldet. Denn Trumps Rückzug aus internationalen Abkommen, das sinkende Engagement der Supermacht im Nahen Osten sowie die Sanktionen, mit denen die USA Regierungen weltweit zur Gefolgschaft zwingen wollen, bringen Deutschland und Russland trotz aller Differenzen zusammen.

Sanktionen wegen Nord Stream 2 gegen Deutschland

Trump hatte am 20. Dezember Sanktionen gegen die Pipeline Nord Stream 2 in Kraft gesetzt, die das Potenzial für russische Gaslieferungen nach Deutschland deutlich erhöhen soll. Die Strafmaßnahmen, die in Deutschland empörte Reaktionen auslösten, richten sich gegen Firmen, die am Verlegen der Pipeline beteiligt sind, sowie deren Eigner.

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In der Ostsee werden Teile der Nord-Stream-2-Pipeline verlegt.
Foto: Reuters/Stine Jacobsen

Die Sanktionen dürften zu Verzögerungen bei der Fertigstellung führen. Nord Stream 2 ist bereits zu etwa 80 Prozent fertiggestellt. Russland hatte bereits zuvor angekündigt, die Fertigstellung zu übernehmen. Hinter dem Pipeline-Projekt steht der russische Staatskonzern Gazprom, der die Hälfte der geplanten Gesamtkosten von 9,5 Milliarden Euro stemmen soll. Die andere Hälfte finanzieren fünf europäische Energieunternehmen, wie die OMV, Wintershall Dea, Uniper, Royal Dutch Shell sowie Engie.

Polen bleibt den USA treu

Bereits vor dem Treffen zwischen Putin und Merkel übte Polen scharfe Kritik an der Ostsee-Pipeline. "Nord Stream 2 ist ein Schritt in die falsche Richtung", sagte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki der "Welt" vom Samstag. Es gebe ein "Worst-Case-Szenario", das es zu vermeiden gelte: "Moskau darf nie in der Lage sein, die EU mit einem Gaslieferstopp zu erpressen."

Zugleich hat der polnische Regierungschef nach eigenen Worten kaum Hoffnung, dass das Projekt durch die jüngsten US-Sanktionen gestoppt werden kann. Diese würden das Projekt vermutlich "verzögern, aber nicht beenden", sagte Morawiecki. "In Polen wäre es uns natürlich am liebsten, der Bau von Nord Stream 2 wäre nie begonnen worden."

Zu 80 Prozent von Kohle abhängig

Morawiecki verteidigte in dem Interview zugleich die Energiepolitik seines Landes, das derzeit zu 80 Prozent von Kohle abhängig ist. Polens Energiemix sei "die Folge von Entscheidungen, die die Sowjetunion für uns getroffen hat", sagte Morawiecki. Polen stimme mit dem grundsätzlichen Ziel, dass Europas Energieversorgung umweltschonender werden müsse, überein. "Gleichzeitig bitten wir unsere Partner anzuerkennen, dass Polen einen längeren Weg zur Kohlenstoffneutralität zurücklegen muss als viele andere EU-Staaten", sagte Morawiecki. (APA, Reuters, red, 12.1.2020)