Die zweigleisige Ester Ledecká liebt und lebt den Sport.

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Robert Trenkwalder hat das Gespür für den schnellen Schwung. Nach Lindsey Vonn hat er nun unter anderen Ester Ledecká unter seinen Fittichen.

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Zauchensee – "Die Frau ist ein Hammer", sagt Trainerkoryphäe Robert Trenkwalder. Der 71-Jährige, der auch schon Lindsey Vonn betreute, steht mit einem Opernglas im Zielraum in Zauchensee und studiert auf der Vidiwall jeden Schwung von Ester Ledecká, um den Lauf hernach mit ihr zu analysieren. Trenkwalder berichtet: "Da und da, hat sie sich gedacht, sie soll aber nicht so viel denken, sie soll fahren. Sie muss noch viel lernen", sagt der Chef des Athletes Special Projects von Red Bull, das ausgewählte Spitzenathleten im Ski- und Klettersport betreut, Trainingsstrategien entwirft, Schwachstellen ortet und neue Methoden entwickelt.

Die 24-jährige Tschechin kann Skifahren, kann Snowboarden. Und wie! Demonstriert hat sie ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten bei Olympia in Pyeongchang 2018, als sie auf zwei Brettern Gold im Super-G, und auf einem Gold im Parallel-Riesenslalom holte. Außerdem ist sie zweifache Snowboard-Weltmeisterin (2015 am Kreischberg und 2017 in der Sierra Nevada) und viermalige Gewinnerin des Parallel-Weltcups (2016 bis 2019). In der aktuellen Saison hat sie die erste Abfahrt in Lake Louise vor Zauchensee-Siegerin Corinne Suter gewonnen. In der zweiten war sie unmittelbar vor Suter Vierte. Mit Platz acht am Samstag, als sie direkt vor Österreichs Bester, Stephanie Venier, lag, musste sie die Führung im Abfahrtsweltcup ("Das ist ziemlich schräg") an die Schweizer Premierensiegerin abgeben.

Ab aufs Brett

Schon am Montag wechselt Ledecká erstmals in dieser Saison ins Lager der Snowboarder. Sie vermag nicht abzuschätzen, ob sie in Bad Gastein reüssieren könne. "Man weiß nie, wie gut die anderen sind und in welcher Verfassung ich sein werde." Sie sei aufgeregt, habe es vermisst. Wie es möglich ist, in verschiedenen Sportarten an der Weltspitze mitzumischen, erklärt Ledecká so: "In beiden Disziplinen geht es den Berg runter. Unterschiedlich ist ja nur die Ausrüstung."

Trenkwalder glaubt eher nicht an Wunder, Ledeckás Erfolge seien deshalb möglich, "weil sie vielseitig ausgebildet ist. Sport ist für sie alles, sie kann so viele Dinge so gut." Es spreche für sie, dass sie die Diskrepanz der beiden Disziplinen mit den unterschiedlichen Muskelbelastungen einwandfrei überwinde. Man wolle sie bestmöglich zweigleisig unterstützen. "Es ist eine große Sache, so etwas habe ich noch nicht oft erlebt."

Zu kurze Tage für Ledecká

Die Vorbereitung für die schnellen Skidisziplinen einerseits und die technischen Snowboardbewerbe andererseits sei schwierig, sagt die gebürtige Pragerin. "Ich muss dynamisch und stark sein. Ich muss immer so ziemlich alles und sehr variabel trainieren." Sie bedauert, dass der Tag nur 24 Stunden hat. "Jeder trainiert, so viel er kann, und ich mache das auch", sagt sie. Der frühere Abfahrtstrainer der ÖSV-Herren attestiert ihr große Entwicklungsschritte im Alpinbereich, weil sie es jetzt auch ernster nehme und konsequenter arbeite. Mit gezielter Planung soll das Training systematischer werden. "Wenn du dich nicht konzentriert vorbereitest und topfit bist, ist der Speedbereich zu gefährlich." Ledecká müsse zudem etwas mehr Geduld aufbringen.

Die Tschechin entscheidet je nach Gefühlslage von Tag zu Tag, welchen Sport sie ausübt. Sie will sich nicht in erster Linie auf die Skifahrt fokussieren. "Ich weiß, es ist möglicherweise schwer zu verstehen, manchmal will ich eben Skifahren, dann wieder Snowboarden. Beides macht mir sehr viel Spaß." Trenkwalder: "Nach Bad Gastein entscheiden wir gemeinsam, wie es weitergeht. Wichtig ist, dass sie große Freude hat an dem, was sie macht, dann geht noch viel mehr." (Thomas Hirner, 13.1.2020)