Donald Trump ist nicht gerade für seine Zurückhaltung bekannt. Jedoch ist nun dem Parade-Macho, Stichwort "Grab them by the pussy", im Zusammenhang mit dem immer stärker eskalierenden Iran-Konflikt der Spaß vergangen. Eine ganze Nation in Bezug auf ihr Volksempfinden und ihre Seele zu kränken, macht sogar dem scheinbar mächtigsten Mann der Welt und Egomanen schlussendlich doch ein flaues Gefühl im Magen, was für einen gewissen Rest an sozialemotionaler Sensibilität spricht.

Das Ego des Präsidenten ist bekannterweise sehr groß.
Foto: AP Photo/ Jacquelyn Martin

"Aufpumpen" auf der politmedialen Weltbühne

Irgendwie ist der Mega-Alpha-Millionen-Dollar-Mann mit der Gattung der Kugelfische vergleichbar. Wenn Gefahr droht, dann bläst sich Trump auf und lässt kurze Zeit darauf wieder die Luft raus, um zu einem realen Maß zurück zu schrumpfen. Man kennt dieses Verhalten von männlichen Geschlechtsgenossen in Fitnessstudios. Hier wird vorher "geposed" was das Zeug hält, bis es dann zur konkreten Leistung kommt, die dann oft dürftig ausfällt. Bei diesem Imponiergehabe handelt es sich anscheinend um ein evolutionäres Relikt. Dafür ist es aber umso amüsanter zu beobachten. Im Falle der Konfrontation mit dem Iran ist dem egozentrierten Präsidenten der USA nun der Ernst der Lage bewusst geworden und er bemüht sich für seine Verhältnisse konziliantere Töne anzuschlagen – intermittierende Verhaltensauffälligkeiten ausgenommen. Denn zwischen reinen Drohgebärden und getwitterten metaphorischen Genital-Vergleichen, wer die größere "Atomrakete" sein Eigen nennt, und einem handfesten Kampf beziehungsweise Krieg ist schon ein veritabler Unterschied, wenn es um das Leben von Menschen und den Frieden in einer Region geht.

Jim McCamer

Empathie eines Alpha-Männchens

Im sich sonst überdominant gebärdenden Präsidenten dürfte ein Selbstreflexionsprozess angesichts der Eskalation im Iran in Gang gesetzt worden sein. Die mentale Dichotomie in Gewinner und Verlierer, die seine Karriere in der Wirtschaft begleitet hat, ist zumindest für ein kleines Zeitfenster in den Hintergrund gerückt. Sogar dem Turbokapitalisten Trump muss klar sein, dass man mit einem Volk, welches einer der ältesten Kulturen der Welt entstammt, nicht so umgehen kann. Die Volksseele der iranischen Nation zu provozieren ist ein Spiel mit dem Feuer mit unberechenbaren Konsequenzen für die gesamte Region im Nahen Osten und weit darüber hinaus.

Frieden im Nahen Osten

Große Männer wollen sich oft gerne ein Denkmal setzen. Will Trump nicht als einer der auffälligsten Präsidenten der USA in die Geschichtsbücher eingehen, könnte er sich an einer wahren Herkulesaufgabe versuchen und sich in nicht kriegerischer sondern konstruktiver Form für den Frieden in einer Region einsetzen, die schon viel zu lange unter militärischen Interventionen gelitten hat. Das wäre ein Zeichen von wahrer Größe, denn es verlangt eine enorme Quantität an kognitiver Kapazität, den gordischen Knoten von Partikularinteressen zu lösen. Hier kann jeder Mann und jede Frau auf der politischen Weltbühne zeigen, wer über den "größten" Verstand verfügt. Trumps Problemlösungskompetenz im Umgang mit dem aktuellen Konflikt mit dem Iran wird auch einen nicht unwesentlichen Einfluss auf seine nicht ganz unwahrscheinliche Wiederwahl in diesem Jahr spielen. Vielleicht sollte er sich an der Weisheit des Schriftstellers und Connaisseurs des kultivierten Armdrückens, Ernest Hemingway, orientieren, welcher treffend festhielt: "Man braucht zwei Jahre, um sprechen zu lernen, fünfzig, um schweigen zu lernen." (Daniel Witzeling, 17.1.2020)

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