Mitarbeiter der Wiener Linien kontrollieren, ob in den U-Bahnen Essen verzehrt wird.

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Rund zwei Personen pro Tag mussten seit Inkrafttreten des Essverbots in den Wiener U-Bahn-Linien deshalb ermahnt werden. Das zeigt eine von den Wiener Linien am Montag veröffentlichte Jahresbilanz. 647-mal mussten die Mitarbeiter des Öffi-Betreibers demnach 2019 einschreiten, weil jemand im Zug geschlemmt hatte.

Bei jährlich über 463 Millionen U-Bahn-Fahrgästen, davon rund 822.000 Jahreskartenbesitzer, sehen die Wiener Linien in der geringen Zahl an Ermahnungen "eine Erfolgsgeschichte", wie sie in einer Aussendung mitteilten.

Im Juli 2018 wollte der STANDARD von U6-Passagieren wissen, wie sie dem Essverbot in der U-Bahn und geschenkten Deos gegenüberstehen.
DER STANDARD

Eine Ausdehnung auf andere öffentliche Verkehrsmittel stehe trotzdem nicht im Raum. In Bus und Bim wird man weiterhin snacken können. Der Grund: In der U-Bahn würden die meisten Fahrgäste transportiert, "da ist einfach am meisten los", erklärt ein Sprecher auf STANDARD-Anfrage. Auch Strafen für Zuwiderhandeln sind in Zukunft nicht vorgesehen. "Wir setzen auf Sensibilisierung und Kooperation mit unseren Fahrgästen", heißt es von den Wiener Linien.

Zwei Drittel stimmten für Verbot

Nach einer Testphase sprachen sich im Sommer 2018 zwei Drittel der Teilnehmer für ein generelles Essverbot in der U-Bahn aus. Davor habe der Kundendienst immer wieder mit Beschwerden über Geruchsbelästigung und schmutzige Waggons zu kämpfen gehabt. "Mir geht es um Rücksichtnahme und ein Miteinander in den Öffis", erklärte Öffi-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) am Montag. Jeder Fahrgast solle sich wohlfühlen, das Essverbot trage dazu "wesentlich bei", schließlich wolle niemand "Pizzareste, Ketchup & Co auf den Sitzen oder den Geruch einer Asia-Nudelpfanne im überfüllten U-Bahn-Zug", betonte die Stadträtin.

Die Wiener Linien erklärten zudem, die "Zustimmung zum Essverbot" in Fokusgruppen mit regelmäßigen Fahrgästen abgefragt zu haben. Der Großteil der Teilnehmer habe die neue Maßnahme als sinnvoll und als Verbesserung für die U-Bahn bewertet. Eingedämmt worden seien durch das Verbot nicht nur Müll und die Verschmutzung der Züge, sondern auch die Geruchsbelästigung. 83 Prozent der U-Bahn-Fahrgäste nähmen die Züge als sehr sauber wahr, was eine Steigerung gegenüber dem Jahr 2016 ist. Damals lag der Wert noch bei 80 Prozent.

Das Essverbot in der U-Bahn sei sinnvoll und entspreche zudem dem Wunsch vieler Fahrgäste, erklärte Wiener-Linien-Geschäftsführerin Alexandra Reinagl. In einer "humorvollen Informationskampagne" habe der Öffi-Betrieb zum Start gezeigt, dass "sich auch das Thema Hausordnung leichtfüßig umsetzen lässt".

Keine Angabe zu Kosten

Die Kampagne umfasste Anfang vergangenen Jahres neben Plakaten und Stickern auch einen kurzen Spot im Stil von Krimiserien. Dieser wurde unter anderem mit Gold in Cannes und mit dem Austrian Video Award für die kreativste Videokampagne ausgezeichnet.

Wiener Linien

Wie viel die Kampagne für das Essverbot die Wiener Linien gekostet hat, möchte man dort nicht verraten. Die Finanzierung komme aus dem laufenden Kampagnenbudget, wie hoch dieses ist, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Allerdings, so betont ein Sprecher, ein wesentlicher Teil der Information über die neue Regelung sei intern gelaufen. Soll heißen: Durchsagen in den U-Bahn-Zügen wie auch -Stationen kosten ja nichts. Ebenso die Schriftzüge neben der Wartezeitanzeige, die auf das Essverbot hinweisen.

Auch darüber, wie viel sich der Öffi-Betreiber durch die saubereren Waggons erspart, könne derzeit noch keine Auskunft gegeben werden. Das müsse man langfristig betrachten. Nur so viel: "Unsere Züge werden nach wie vor intensiv gereinigt."

Neue Düfte fielen durch

Um den Geruch in der U-Bahn zu verbessern, starteten die Wiener Linien im vergangenen Sommer ein weiteres Pilotprojekt. Jeweils zwei Züge der Linien U1 und U6 wurden im Juli einparfümiert. Dabei wurden vier verschiedene Gerüche über das Lüftungssystem in den Waggons verteilt und drangen dann den Fahrgästen in die Nase. Diese konnten anschließend, wie beim Essverbot, online über den Verbleib der Düfte "Energize", "Fresh White Tea", "Happy Enjoy" und "Relax" abstimmen. Das Ergebnis: Von rund 37.000 Teilnehmern sprachen sich laut Wiener Linien 21.000 gegen eine duftende U-Bahn aus. (Oona Kroisleitner, Vanessa Gaigg, 13.1.2020)