Schon jetzt gibt es von Anbietern wie "3" und A1 sogenannte "Kindersicherungen".

Foto: apa

Verpflichtende Filtersysteme, die den Besuch pornografischer und Gewalt darstellender Webseiten blockieren, sofern Nutzer sich bei ihrem Provider nicht explizit dagegen aussprechen: Das war einer der Pläne der türkis-blauen Regierung. Dem Vernehmen nach stand die Vorstellung eines entsprechenden Gesetzesentwurfs kurz bevor, als der Ibiza-Skandal die Koalition sprengte.

Auch im türkis-grünen Regierungsprogramm ist der Umgang mit Pornografie im Netz wieder Thema – wenig verwunderlich, gilt doch die ÖVP-Abgeordnete und -Menschenrechtssprecherin Gudrun Kugler als eine der größten Verfechterinnen der Maßnahme. In der Vergangenheit waren sich die Parteien im Parlament einig, dass ein erhöhter Kinderschutz im Netz notwendig ist – wie genau vorgegangen werden soll, ist offen.

Auch als Podcast: Muzayen Al-Youssef erklärt die Pläne und Probleme rund um den österreichischen Pornofilter

Angebote für Eltern

Im Regierungsprogramm ist die Rede von einem "leichten, kostenlosen und freiwilligen Zugang zu Schutzfiltern". Wie der grüne Abgeordnete Süleyman Zorba, der netzpolitische Agenden behandelt, auf STANDARD-Anfrage erklärt, gebe es hierfür ein "Bekenntnis zur Zensurfreiheit im Internet". "Ein Mechanismus wie in Großbritannien ist nicht vorgesehen", sagt Zorba. Eher gehe es darum, Angebote für Eltern zu etablieren. Wie Kugler erklärt, sei die konkrete Umsetzung der Maßnahmen noch offen. "Ich würde mir wünschen, dass man, wenn man sich erstmals bei seinem Serviceprovider anmeldet, auf einer Oberfläche auswählen kann, welche Bereiche man filtern möchte", sagt sie im STANDARD-Gespräch.

Dabei ginge es nicht nur um Pornografie, sondern auch beispielsweise um Webseiten mit Glücksspielangeboten und Gewaltdarstellungen. "Es gibt gute Beispiele aus England, wo man dieses Angebot einfach und kostenlos in Anspruch nehmen kann", sagt Kugler. "Das Ziel ist, einen Weg zu finden, der die Meinungsfreiheit schützt und gleichzeitig die Netzneutralität sichert."

Bedenken

In Großbritannien gibt es zahlreiche Bestrebungen zur Zensur pornografischer Inhalte – zuletzt im vergangenen Jahr. Pornoplattformen wären nach diesen Plänen dazu verpflichtet worden, das Alter ihrer Nutzer zu prüfen. Das Vorhaben wurde jedoch im Oktober gekippt. Kritiker hatten moniert, dass Jugendliche sie sowieso leicht umgehen könnten – beispielsweise über virtuelle Netzwerke, die die eigene Identität verschleiern. "Kein Filter kann das Gespräch mit dem Kind ersetzen", sagt Maximilian Schubert, Generalsekretär des Providerverbands Ispa, dazu.

Zudem gab es Bedenken im Hinblick auf die Privatsphäre von Nutzern: So hätten Plattformen Daten über ihre Identität speichern müssen. Hierzulande sollen Provider anstatt der Webseiten die Filterung durchführen.

Es gibt bereits Filterangebote

Schon jetzt gibt es von Anbietern wie "3", Magenta und A1 sogenannte "Kindersicherungen". Aktuell sind diese kostenpflichtig. "Wir wollen ein kostenloses Angebot, wie das im Detail passiert, ist noch nicht ausgearbeitet", sagt Kugler.

Die aktuellen Angebote könnten gegen die Netzneutralität verstoßen, da diese vorsieht, dass der Datenverkehr im Internet gleich behandelt werden muss. Sperren darf es nur in Ausnahmefällen nach richterlicher oder behördlicher Anordnung geben – oder sofern ein Gesetz das klar vorschreibt. Dann müssten die zu sperrenden Inhalte bei einem Pornofilter mit türkis-grüner Prägung bereits im Wortlaut klar definiert werden.

Das gilt nur für Blockierungen, die direkt im Netz forciert werden: Somit sind über den Router konfigurierte oder auf dem Endgerät eingesetzte Filter erlaubt, Angebote wie die "A1-Kindersicherung" voraussichtlich aber nicht. Sollte die Netzneutralität, die derzeit auch evaluiert wird, so bleiben wie aktuell, ist fraglich, ob gesetzlich vorgeschriebene Kinderschutzmaßnahmen rechtskonform wären.

Kritik

"Netzseitige Internetfilter auf Basis der Geschäftsbedingungen sind nicht mit der Netzneutralität vereinbar", sagt Thomas Lohninger von der Grundrechts-NGO Epicenter Work. Die Regulierungsbehörde RTR müsste in einem solchen Fall also dazwischentreten – "oder wir würden uns überlegen, die Pläne vor Gericht zu Fall zu bringen". Filtermöglichkeiten gebe es sowieso auf dem Endgerät – beispielsweise durch Apps. "Jugendschutzfilter im Mobilfunknetz kann jedes Kind mit einem simplen WLAN umgehen. Der von der ÖVP vorgeschlagene englische Weg ist ineffizient für den Jugendschutz, gefährlich für die Netzfreiheit und klar europarechtswidrig", kritisiert der Netzaktivist. (Muzayen Al-Youssef, 15.1.2020)