Der Frauenring fragt: Wird Frauenpolitik künftig auf Burka- oder Kopftuchverbote beschränkt?

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"Frauen gehören nicht integriert, sondern gleichgestellt": So formuliert Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, die Kritik an der Zusammenlegung von Frauen- und Integrationsthemen in einem Ressort. Anfang Jänner übernahm Susanne Raab (ÖVP) als neue Frauenministerin die Agenden von Übergangsministerin Ines Stilling.

Dass es auch unter Türkis-Grün kein eigenes Frauenministerium geben wird, sorgt beim Frauenring ebenso für Kritik. "Gleichberechtigung, der Kampf für ökonomische Unabhängigkeit und gegen patriarchale Gewalt betrifft alle in Österreich lebenden Frauen", sagt Frieben zum STANDARD. Nicht vergessen dürfe man auf die Frauenvereine, bei denen unter Türkis-Blau gekürzt worden sei. Dazu will Frieben bald Gespräche mit der neuen Ministerin führen. "Wir wollen wissen, ob man diese Arbeit noch wertschätzt oder ob man Frauenpolitik künftig nur auf Burka- oder Kopftuchverbote beschränkt", so die Vorsitzende des Dachverbands für österreichischen Frauenvereine.

Viele offene Probleme

Auch die Soziologin und Autorin Laura Wiesböck sieht diese Themenkombination kritisch. "Einkommensungleichheit, Entgeltdiskriminierung, strukturelle Gewalt von Männern gegen Frauen, ungleiche Aufteilung von Reproduktionsarbeit wie Kinderbetreuung und Pflege – das alles sind keine neuen Problemstellungen", zählt Wiesböck auf. Umso dringlicher sollte ihnen politisch begegnet werden, so die Soziologin. Die Verknüpfung von Frauenagenden mit Integration sei dazu nicht dienlich, da es ein Sündenbock-Narrativ schaffe. "Das führt den Fokus weg von der Involviertheit jedes und jeder Einzelnen dahingehend, dass Geschlechterungleichheit in patriarchalen Verhältnissen produziert und aufrechterhalten wird."

Eigenständige politische Materie

So sieht es auch das Frauenvolksbegehren. Mit der Zuordnung des Frauenressorts in das Integrationsministerium werde Gleichstellung nicht nur symbolisch, sondern auch materiell als ein Problem "der anderen", "des Islam" und anderer "fremder Machokulturen" redefiniert, sagt Christian Berger, Sprecher des Frauenvolksbegehrens. "In dieser Ressortkoppelung offenbart sich Chauvinismus", so Berger, die "anderen" würden damit abgewertet und die eigene kulturelle und gleichstellungspolitische Überlegenheit betont.

Herausforderungen wie Gewalt gegen Frauen in österreichischen Haushalten und Diskriminierung von Frauen am österreichischen Arbeitsmarkt würden damit strukturell vernachlässigt, kritisiert Berger. Zudem sei männliche Gewalt nicht importiert, sondern "sowohl hausgemacht als auch universell". Abgesehen davon sei damit erneut die Chance verpasst worden, Frauen- und Gleichstellungspolitik als eigenständige politische Materie zu definieren, die in einem eigenständigen Ministerium ressortiert. (beaha, 14.1.2020)