Florian Bayer ist Doktorand an der Veterinärmedizinischen Universität Wien.

Foto: FH Campus Wien / Schedl

Künstliche Intelligenz ist mittlerweile allgegenwärtig: Von Autos, die beim Einparken helfen, bis hin zur Gesichtserkennung der neuesten iPhone-Generation begleitet sie uns im Alltag. Doch man findet sie auch an Orten, mit denen sie vermutlich nicht sofort assoziiert wird – zum Beispiel im Stall. Florian Bayer ist Doktorand an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Sein Feld, das sogenannte Precision Lifestock Farming, beschäftigt sich mit der Digitalisierung der Landwirtschaft. Ziel ist es, traditionelle Vorgänge durch moderne Methoden zu unterstützen. So gibt es bereits automatisch gesteuerte Futterautomaten oder Mikrofone zur Geräuscherkennung im Stall. "Wir sehen unser Programm als Unterstützung für die Bauern. Sie sollen wieder mehr Zeit haben, sich um jedes Tier einzeln zu kümmern", sagt der in Wien geborene Bayer.

Bisher kann zwar das Verhalten einzelner Hausschweine erkannt werden, jedoch nicht ihre sozialen Interaktionen. Das soll sich nun durch ein Projekt, in dem auch Bayer mitwirkt, ändern: Durch Videoaufnahmen sollen einzelne Tiere erkannt und ihr soziales Verhalten innerhalb einer Gruppe analysiert werden. "Ganz grundlegende Dinge wie der Abstand zwischen den Tieren sagt zum Beispiel aus, ob es im Stall zu warm oder zu kalt ist", erklärt Bayer, "und wir können auch detektieren, wie schnell sich die Schweine bewegen." Von der Geschwindigkeit kann man auf Aggressionen schließen, jedoch wird in Bayers Projekt auch versucht, auf positive Interaktionen, wie etwa ein Aneinander-Schnüffeln, zu schauen.

Überwachung rund um die Uhr

30 Kameras wurden an der Vetmed in einem landwirtschaftlichen Versuchsbetrieb installiert, mit denen die Tiere rund um die Uhr gefilmt werden. Um eine solche Datenmenge zu bewältigen, nützen die Wissenschafter Bildverarbeitungsmethoden und speziell entwickelte Algorithmen. "Das Ziel unseres Programms ist es, dass nicht nur die Schweine an sich, sondern auch die Position ihrer Ohren, ihres Kopfes und Schwanzes erkannt werden können", sagt Bayer. Das erspare eine manuelle Analyse der Daten. Stattdessen sorgt er für die Weiterentwicklung der Software, kümmert sich darum, dass die Kameras im Stall richtig positioniert werden, und arbeitet mit Biologen im Projekt zusammen, die das Verhalten der Schweine fachlich interpretieren.

Ursprünglich studierte Bayer Electronics Systems Engineering an der FH Campus Wien. Schon in seinem Masterprojekt wollte er sich auf künstliche Intelligenz spezialisieren. Jedoch merkte er bald, dass er dabei nicht der Einzige war: "Künstliche Intelligenz ist in Bereichen wie der Autoindustrie schon sehr fortgeschritten und etabliert. Das Schöne an meinem Bereich ist, dass alles noch sehr neu ist und es deshalb viel Raum zum Mitgestalten gibt. Dieses Potenzial habe ich erkannt."

Bayer ist zwar ein "Stadtkind", nennt sich aber trotzdem einen Tierfreund. Schon als Kind verbrachte er immer wieder Zeit in landwirtschaftlichen Betrieben. Und auch sein Hobby Tauchen, für das ihm im Moment nicht genug Zeit bleibt, hat das Interesse für die Tierwelt weiter vorangetrieben – ob unter oder über den Wellen. (krop, 21.1.2020)