Der lange und kurvenreiche Campaign Trail, also der Wahlkampf in den USA, hat ein erstes Opfer gefordert: die Freundschaft zweier Kandidaten nämlich, die einander politisch auf den ersten Blick gar nicht so unähnlich sind. Bernie Sanders und Elizabeth Warren, laut eigenen Angaben "Freunde", fischen als Linksausleger unter den aktuell zwölf verbliebenen demokratischen Präsidentschaftsaspiranten in ein und demselben Wählerteich. Ihre Freundschaft, so viel steht fest, wird auch deshalb nun auf eine harte Probe gestellt.

Grund des Zerwürfnisses: Ein Merkzettel ist aufgetaucht, in dem Sanders' Team dessen Wahlhelfern Argumente auflistet, mit deren Hilfe potenzielle Wähler beim Klinkenputzen gegen Konkurrentin Warren aufgebracht werden sollen.

Die Sprachregelung, die Wahlhelfer gegenüber unentschlossenen Bürgern abspulen sollen, stammt dem Nachrichtenportal "Politico" zufolge tatsächlich von Sanders' Wahlkampfteam – dieses dementierte bisher nicht. Während sich in dem Papier auch Argumente gegen andere demokratische Kandidaten finden, Ex-Vizepräsident Joe Biden etwa oder Pete Buttigieg, Bürgermeister der Kleinstadt South Bend, galt zwischen den beiden linken Kandidaten bis dato ein informeller Nichtangriffspakt. Genau dieser scheint nun gebrochen.

"Ich mag Elizabeth", steht dort geschrieben, "in Wahrheit ist sie meine zweite Wahl. Aber hier sind meine Bedenken: Ihre Anhänger sind gut ausgebildete, wohlhabende Leute, die sowieso zur Wahl gehen und die Demokraten wählen. Sie bringt keine neuen Wähler zur Demokratischen Partei. Wir müssen die unzufriedenen Arbeiter zum Wählen bringen, wenn wir Trump schlagen wollen."

Elizabeth Warren zeigte sich auf Anfrage der Website vox.com enttäuscht: "Bernie kennt mich, er weiß, wer ich bin und woher ich komme, er kennt die Koalition und die Graswurzelbewegung, die wir versuchen aufzubauen."

Sanders winkt ab

Ob die Aufforderung, Warren zu kritisieren, tatsächlich von Sanders selbst stammt und nicht etwa von einem seiner Mitarbeiter, ist ungewiss. Fest steht, dass der Kandidat am Sonntag betonte, "nie negative Bemerkungen" über seine innerparteiliche Rivalin vom Stapel gelassen zu haben. Und bemüht war, die Sache nicht hochkochen zu lassen: "Wir haben mehr als 500 Leute in unserem Wahlkampfteam. Menschen machen eben manche Sachen, und ich bin mir sicher, dass es in Elizabeths Team ganz ähnlich ist."

Warrens Wahlkampfleiter Roger Lau machte seinem Unmut trotz Sanders' Beschwichtigung postwendend Luft. "Als Partei und als Land können wir es uns nicht erlauben, dass sich die Zersplitterung von 2016 wiederholt."

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Ziemlich beste Freunde: Sanders (li.) und Warren.
Foto: REUTERS/Carlo Allegri

Ganz so unzerbrechlich scheint die Freundschaft zwischen Sanders und Warren aber ohnedies schon seit längerem nicht mehr zu sein, wie CNN jüngst zu belegen versuchte. Sanders soll Warren bereits 2018 während eines privaten Treffens erklärt haben, er halte eine Frau nicht für allzu aussichtsreich im Rennen gegen Donald Trump.

Nachdem nun der wenig schmeichelhafte Wahlkampftext des Sanders-Teams aufgedeckt wurde, revanchierte sich Warren am Montag, indem sie Sanders dessen mehr als ein Jahr altes Statement vorwarf. Dieser nannte die Anschuldigung "ludicrous" – also grotesk.

Kopf-an-Kopf-Rennen

Die jüngste Umfrage der Zeitung "Des Moines Register", von CNN und Mediacomm für die erste Vorwahl im Bundesstaat Iowa verdeutlicht, warum die beiden Kandidaten vermehrt über Kreuz liegen. Sanders liegt dort mit 20 Prozent an der Spitze, gefolgt von Warren mit 17 und Buttigieg mit 16 Prozent.

Eine andere Umfrage, jene der Manmouth University vom Montag nämlich, sieht hingegen jemand anderen obenauf: Biden führt dort mit 24 Prozent vor Sanders mit 18, Buttigieg mit 17 und Warren mit 15 Prozent.

Impeachment-Verfahren geht am Mittwoch in den Senat

Allesamt wollen sie gegen Trump antreten, dem im Moment von ganz anderer Seite Gegenwind entgegen weht. Am Mittwoch wird nämlich das Impeachment-Verfahren gegen ihn an den Senat weitergeleitet. Das gab die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am Dienstag bekannt. Das von den Demokraten dominierte Repräsentantenhaus hat ja in der Mehrheit für das Verfahren gestimmt. Die zweite Kammer des US-Parlaments, der Senat, fungiert im Verfahren nun wie ein Gericht. Allerdings halten in dieser Kammer die Republikaner die Mehrheit – die zumeist hinter ihrem Parteikollegen Trump stehen.

Nach Angaben der Republikaner dürfte der eigentliche Prozess am kommenden Dienstag beginnen. Die Anklageartikel des Repräsentantenhauses müssen an den Senat weitergeleitet werden, wo das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump geführt wird. Das Repräsentantenhaus muss zudem festlegen, wer im Senat die Anklage gegen Trump vertritt. Diese sogenannten Impeachment-Manager sollen ebenfalls am Mittwoch bestimmt werden.

"Wir werden morgen diese Artikel weiterleiten und die Impeachment-Manager ernennen", schrieb Pelosi im Kurzbotschaftendienst Twitter. Das Oberhaus müsse sich nun entscheiden zwischen "Verfassung und Vertuschung".

Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, sagte später, "vorbereitende Schritte" für den Senatsprozess könnten noch in dieser Woche erfolgen. Dazu zähle die Vereidigung der Senatoren als Geschworene durch den Obersten US-Richter John Roberts. Der "eigentliche Prozess" dürfte dann am kommenden Dienstag starten. Der Montag ist in den USA ein Feiertag. (APA, Reuters, 14.1.2020)