Eine Berliner 5G-Demo im September 2019.

Foto: imago/Rolf Zöllner

Das Thema der Pressekonferenz stand vor der Tür – nicht auf einer Hinweistafel, sondern als Person. Eine 5G-Gegnerin fing Journalisten am Eingang des Presseclubs Concordia ab. Sie verteilte selbstgestaltete Flyer und warnte vor dem neuen Mobilfunkstandard. Der laufende und noch geplante Ausbau des 5G-Netzes hat also weiterhin seine Gegner. Ihnen wollte das Forum Mobilkommunikation (FMK) antworten. Die freiwillige Interessenvertretung der österreichischen Mobilfunkbranche lud deshalb am Dienstag zu einer Pressekonferenz.

"Kein Grund zur Sorge"

Denn für Alexander Lerchl war die Sachlage klar: "Es besteht aus wissenschaftlicher Sicht derzeit keinerlei Grund zur Sorge", sagte der von den Branchenvertretern eingeladene Professor für Biologie der Jacobs University in Bremen. Er bewertete die Bedenken mancher Ärzte als "Panikmache": "Weder aus tierexperimentellen Studien noch aus klinischen Studien ergeben sich Hinweise für erhöhte Krankheitsraten, erhöhte Tumorraten oder höhere Sterblichkeit durch die Exposition zu elektromagnetischen Feldern des Mobilfunks", so Lerchl. Die Fragestunde entwickelte sich dann zu einem Schlagabtausch zwischen Skeptikern und Podium.

Auch Lerchl selbst stand mitunter in der Kritik. Gegner werfen ihm vor, ein "Lügengeschichten-Verbreiter" sowie "Gefälligkeitsforscher" zu sein. Die Antwort des Biologen: "Es wird immer kritische Stimmen geben". Es gebe viele irrationale Ängste.

Langzeitfolgen und Millimeterwellen

Eine Gruppe von über 200 Ärzten und Wissenschaftern erneuerte jedenfalls ihre Forderung nach einem Aufschub des 5G-Starts. Sie verweisen auf verschiedene Studien, die die Schädlichkeit von Mobilfunkstrahlung belegen sollen. Die jüngste und größte dieser Studien erschien im vergangenen Jahr und sah einen klaren Zusammenhang zwischen Handystrahlung und Krebs bei Ratten. Lerchl bewertet diese Studie als "höchst umstritten".

Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsbehörde warnt, für Zeiträume von mehr als zehn Jahren reiche die Datenlage noch nicht aus. Sie hat hochfrequente elektromagnetische Felder im Mai 2011 als "möglicherweise krebserregend" eingestuft. Lerch bestätigte auf STANDARD-Nachfrage, dass Langzeitfolgen durchaus noch untersucht werden. "Aber solche Bedenken gab es bereits vor 25 Jahren." Damals starteten in Österreich die flächendeckenden Mobilfunknetze. Während deren Nutzerzahlen in die Höhe schossen, zeigte sich aber kein Effekt bei den Tumor-Neuerkrankungen.

Der zweite offene Punkt betreffe die sogenannten "Millimeterwellen". Diese berühren den Frequenzbereich ab circa 26 GHz und stehen im Verdacht, Schädigungen der Haut- und Augenoberfläche zu verursachen. "Was in höheren Frequenzbereichen passiert, muss man untersuchen. Aber wahrscheinlich auch nichts", sagte Lerchl und verwies auf bereits durchgeführte Studien in diesem Bereich. Zudem sei dieser Frequenzbereich in Österreich aktuell überhaupt kein Thema.

Kein Mastenwald

Nachdem 2019 die Frequenzen im 3,5-GHz-Bereich vergeben wurden, werden in diesem Frühjahr jene für 700 Mhz, 1,5 GHz und 2,1 GHz versteigert. Danach soll der flächendeckende Ausbau beginnen. Aktuell betreiben einzig Magenta und "3" kleinere 5G-Netze in Ballungsräumen. Die Ausschreibung ist bereits abgeschlossen, die Auktion im Gange. Die Ausbauverpflichtungen sehen vor, dass bis Ende des Jahres mindestens 989 Mobilfunkstationen im Land 5G-fähig sein sollen. Bis Mitte 2022 sollen es bereits 3.264 sein.

FMK-Geschäftsführerin Margit Kropik dementierte den von Kritikern befürchteten neuen "Mastenwald" und dass dadurch "auf jedes zweite Haus eine Senderanlage draufkommt". Soweit möglich, sollen die 5G-Antennen auf den 18.389 in Österreich bereits existierenden Mobilfunkstationen installiert werden. Wie viele neue nötig sind, sei aber offen. "Dafür muss man sich jede Station einzeln anschauen."

Die Nutzen

Laut Kropnik verdoppelte sich das mobil benötigte Datenvolumen zuletzt jährlich. Der Nutzen des neuen Mobilfunkstandards liege in erster Linie in der schnelleren Internetverbindung. So könnten etwa Filme schneller heruntergeladen werden. Aufgrund der gegenüber 4G deutlich besseren Reaktionszeit sei 5G aber auch für autonom fahrende Autos und Industriemaschinen interessant.

Die Kritiker interessierten diese Vorteile wenig. Beim Verlassen des Presseklubs standen sie noch immer vor der Tür. Am Samstag veranstalten sie eine 5G-Demonstration. (Andreas Gstaltmeyr, APA, 14.1.2020)