Dem Panamakanal geht das Süßwasser aus. Jahrzehntelang reichte die Speichermenge des Gatunsees während der Regenzeit aus, um auch in der Trockenzeit ausreichend Wasser in den Kanal fließen zu lassen, damit die großen Frachtschiffe dieser Welt in den drei Schleusen den Höhenunterschied des zwischen Pazifik und Atlantik gelegenen Stausee überbrücken können. Die voranschreitende Erhitzung des Weltklimas sorgte im vergangen Jahr aber für eines der regenärmsten Jahre der vergangenen sieben Jahrzehnte. Die heißeren Temperaturen führen zudem zu einer zusehenden Verdampfung des Seewassers – was auch die Trinkwasserversorgung von Panama-Stadt gefährdet.

Der 26 Meter über dem Meeresspiegel gelegene, künstliche angelegte Gatunsee speist sich aus verschiedenen Flüssen und hat seit seiner Schaffung ein diverses Ökosystem entwickelt – auch in den Böden und Wäldern um den See. Würde salziges Meerwasser in die Schleusen des Kanals gepumpt werden, würde dieses Süßwassersystem nachhaltig gestört. Außerdem müsste das Meerwasser kosten- und energieintensiv nach oben gepumpt werden, während das Süßwasser aus Quellen und Regen auf natürlichem Wege aus dem höher gelegenen Stausee nach unten in die Schleusen geleitet werden kann.

Wie funktioniert der Panamakanal?
Wendover Productions

Wetterphänomene

200 Millionen Liter Süßwasser werden pro Schiffsdurchfahrt in die Schleusen geleitet. 5,35 Milliarden Kubikmeter Wasser werden insgesamt für einen nachhaltigen Betrieb des Kanals benötigt. Mittlerweile stünden regelmäßig aber nur mehr rund drei Milliarden Kubikmeter zur Verfügung, was auch mit kürzeren Regenzeiten und längeren Trockenperioden zusammenhängt.

Bisher sank vor allem während extrem starker Phasen des Wetterphänomens El Niño der Wasserspiegel in den Wasserreservoirs sehr stark. In den vergangenen Jahren beobachteten Forscher jedoch auch in schwachen El-Niño-Phasen niedrige Wasserpegel, was atypisch und mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den Klimawandel zurückzuführen ist.

Eine Kanalüberquerung im Zeitraffer.
Steve Noble

Alternative Routen

Auch deshalb versucht die Kanalbetreibergesellschaft nun alternative Wasserquellen zu erschließen. Vom Anzapfen unterirdischer Quellen über den Bau weiterer Wasserreservoirs und Kläranlagen bis zum Entsalzen des Meerwassers werden viele Lösungen angedacht. Das notwendige Kleingeld dafür soll mitunter durch höhere Gebühren für die Durchfahrt des Panamakanals hereinkommen. Ab Mitte Februar wird ein zusätzlicher Fixbetrag von 10.000 US-Dollar (rund 9.000 Euro) pro Schiff über 38 Meter Länge verlangt. Außerdem soll je nach Wasserstand ein zusätzlicher, variabler Betrag entrichtet werden müssen.

Die Schleusen des Panamakanals.
Foto: APA/AFP/RODRIGO ARANGUA

14.000 Schiffe durchqueren den Kanal jedes Jahr. Die durchschnittliche "Mautgebühr" beläuft sich schon bisher auf 168.000 Euro. Die größten Frachter müssen gar bis zu eine Million berappen. Sollten die Preise weiterhin empfindlich ansteigen und die Durchfahrt aufgrund Wasserknappheit nicht garantiert werden können, dürften alternative Transportwege – etwa Zugverbindungen quer durch die USA – lukrativer werden.

Pikanterweise könnte die Klimaerhitzung – zu der die Frachtindustrie auch einen nicht unwesentlichen Teil beiträgt – durch das Abschmelzen der arktischen Eismassen jedoch auch nördliche Routen zusehends freilegen und den kürzlich vergrößerten Panamakanal so in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährden. So ist die Route Schanghai–New York über die Nordwestpassage etwa rund 4.000 Kilometer kürzer als über den Panamakanal. (faso, 15.1.2020)