Im Herbst 2017 waren die Grünen nicht nur politisch, sondern auch personell auf dem Tiefpunkt ihrer gut dreißigjährigen Geschichte angelangt: Nach ihrem Exodus aus dem Nationalrat verloren mehr als 125 Mitarbeiter ihren Job – und in der außerparlamentarischen Opposition zu Türkis-Blau werkten fortan neben Parteichef Werner Kogler gerade einmal drei Leute hauptamtlich als verbliebener Rest an einem Comeback der Bundespartei.

Einst drehte Werner Kogler in den leeren grünen Klubräumen als Letzter das Licht ab.
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Doch das alles ist seit der Angelobung von Türkis-Grün zu Jahresbeginn Schnee von gestern: Neben erstmaligem Regieren sind die Grünen derzeit auch mit dem Aufbau ihrer Kabinette, des neuen Parlamentsklubs sowie der Bundespartei beschäftigt – und müssen daher einiges an Personal rekrutieren.

Allein in den vier von Grün angeführten Ministerien brauche es im Schnitt jeweils bis zu 15 Leute, rechnet Dieter Brosz, Kabinettschef von Kogler, nun Vizekanzler, vor – macht mit dem Staatssekretariat von Ulrike Lunacek etwa 75 Leute.

Als Regierungspartei brauchen die Grünen viel Personal: Neben Newcomern setzt man auf langgediente Wegbegleiter.
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Allerdings, so versichert Brosz, wolle man dabei zu einem Gutteil auf Experten in den Häusern zurückgreifen, also auf Mitarbeiter, die bereits in den Ressorts arbeiten. Denn: "Die FPÖ war einst ein Lehrbeispiel dafür, wie man es nicht macht" – weil die Blauen mehr als eine Hundertschaft von ihren Gewährsleuten in die Ministerien gesetzt hätten. "Uns dagegen", sagt Brosz, "geht es bei der Personalauswahl um Fachkenntnis – und natürlich auch um eine gute Zusammenarbeit mit den Bediensteten in den Ministerien."

Blaue Altlasten

Seit Mittwoch gilt allerdings als fix, dass auch die Grünen die unter Türkis-Blau umstrittenen Generalsekretäre in ihren Ressorts verankern möchten, die in der Weisungshierarchie über den Sektionschefs stehen. Ob das in allen Ressorts sein wird, ist noch nicht klar. Aber, so versprechen diverse Vertreter der Ökopartei, bei der Auswahl solcher Vertrauensleute zur Unterstützung ihrer Minister wolle man – anders als ÖVP und FPÖ – auf ein objektives Verfahren mit nachvollziehbaren Kriterien setzen.

Hintergrund: Im Vizekanzleramt von Kogler etwa führen zwei der drei Sektionen, nämlich den Sport und die Präsidialsektion, deklarierte Blaue an, die einst unter Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) bestellt wurden. Der Posten des Sektionschefs für den öffentlichen Dienst hingegen gilt als vakant.

Im Superministerium von Leonore Gewessler wiederum, wo die Agenden Umwelt, Energie, Infrastruktur und Verkehr unter einem Dach vereint sind, gilt die Beamtenschaft hinsichtlich der Parteifarben zwar als recht bunt. Doch wegen der Vielzahl an Kompetenzen in dem Ressort würde auch dort ein Generalsekretär als Vertrauensperson der grünen Neo-Ministerin Sinn machen, meint ein Grüner.

An Bewerbern für die offenen Jobs mangelt es nicht. Denn neben völligen Newcomern bringen sich auch langgediente grüne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Peter Steyrer, der in der Krisenzeit Kogler als Büroleiter zur Seite gestanden ist, kümmert sich im Vizekanzlerbüro nun um europäische und internationale Themen. Felix Ehrnhöfer, langjähriger Klubdirektor und zuletzt stellvertretender Kabinettchef bei Kanzlerin Brigitte Bierlein, leitet nun das Kabinett von Gewessler.

Erste Eifersüchteleien

Die Beschickung der grünen Ministerbüros hat auch Auswirkungen auf den Parlamentsklub. Auch dort mangelt es noch an Personal. Insgesamt würden noch rund 30 Leute fehlen, schätzt Klubchefin Sigrid Maurer. Die Positionen – von Referentenstellen bis hin zu Jobs in der Kommunikationsabteilung – sind ausgeschrieben. Anfang Februar beginne man mit den Einstellungen, sagt Maurer.

Demnächst will der Parlamentsklub eine andere interne Frage geklärt haben, die bei der Suche nach versiertem Personal eine wichtige Rolle spielt: Die Bereichssprecher werden fixiert. Ein heikles Unterfangen, geht es doch letztlich um Macht und Einfluss. Um welches Thema will man sich kümmern, was lieber vorbeiziehen lassen? Erste Eifersüchteleien und Klagen machen jedenfalls schon die Runde.

Und dann ist da noch die Partei. Auch bei den Bundes-Grünen werden noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. Thimo Fiesel, Generalsekretär der Grünen, spricht von einem "Gesamtkonstrukt" als Ziel. Auf eine Mitarbeiteranzahl will sich Fiesel nicht festlegen, denn zuerst müssten die Strukturfragen geklärt werden. Eine zeitliche Vorgabe nennt der grüne Generalsekretär aber: Im ersten Quartal soll die Mannschaft stehen. (Peter Mayr, Nina Weißensteiner, 16.1.2020)