Wenn es in den kommenden Jahren zu Kürzungen bei den EU-Subventionen käme, würde der österreichische Staat laut Türkis-Grün einspringen, um die Einkommensverluste der heimischen Bauern zu kompensieren.

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Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs, dem zweitgrößten Nettozahler, stehen Einsparungen im EU-Budget 2021 bis 2027 vor der Tür. Auch die landwirtschaftlichen Förderungen, die mit mehr als einem Drittel einen großen Brocken des Haushalts ausmachen, dürften davon betroffen sein.

Doch die österreichischen Bauern können dem Brexit entspannt entgegensehen. Im Regierungsprogramm der türkis-grünen Koalition ist nämlich ein "nationaler Ausgleich im Falle der Kürzung von EU-Mitteln" festgeschrieben. Sprich: Wenn die EU österreichischen Bauern weniger Subventionen zahlt, springt der österreichische Steuerzahler für den Einkommensverlust ein. Die Landwirtschaftskammer freut sich dementsprechend über ein "praktikables Regierungsprogramm". Wobei das noch vorsichtig formuliert sein dürfte. Der ÖVP-Bauernbund rechnete mit einem Ausfall von über 100 Millionen Euro jährlich an Förderungen für heimischen Landwirte aus EU-Töpfen.

Goodies in Sozialversicherung

Daneben gibt es aber auch eine Reihe anderer Goodies für Landwirte im Regierungsprogramm. Im Wesentlichen haben die Neo-Koalitionäre die noch im vergangenen Jahr von ÖVP und FPÖ vereinbarten Vergünstigungen übernommen, die wegen des vorzeitigen Bruchs von Türkis-Blau nie umgesetzt wurden.

Zu den Zuckerln gehören vor allem eine Reihe von Änderungen im Sozialversicherungsrecht. Ein paar Beispiele: Landwirte haben – wie andere Bezieher auch – im Alter Anspruch auf eine Art Mindestpension von aktuell im Regelfall 966 Euro. Für Landwirte gilt aber die Besonderheit, dass bisher 13 Prozent davon abgezogen wurden. Das wurde als fiktives Ausgedinge berechnet, weil viele ältere Bauern von ihren Nachfolgern am Hof vertraglich vereinbarte Geld- und oder Sachleistungen erhalten. Dieser Abzug wird reduziert, von 13 auf zehn Prozent. Kling unspektakulär, erspart aber Landwirten 10,5 Millionen Euro, heißt es aus der Sozialversicherung der Selbstständigen, zu denen jetzt auch Bauern gehören.

Bund deckt höhere Beitragspflicht ab

Ein anderer Punkt: Bei hauptberuflich in der Landwirtschaft beschäftigten Kindern von Bauern galt bisher, dass sich ihre Beiträge zur Pensionsversicherung mit einem Drittel der Beitragsgrundlage des Betriebsführers bemessen. Künftig wird das auf die Hälfte angehoben – damit entstehen später höhere Pensionsansprüche. Der Clou: Durch die Anhebung entsteht auch eine höhere Beitragspflicht. Diese wird aber der Bund abdecken. Die erwähnte Regelung gilt für den landwirtschaftlichen Nachwuch bis 27 Jahre. 4.500 Landwirte profitieren zudem von einer Beitragsreduktion in der Krankenversicherung.

Steuerschonende Berechnung von Gewinnen

Eine andere große Änderung ist im Steuerrecht geplant. Künftig dürfen Landwirte ihre Gewinne und Verluste über drei Jahren gegenrechnen. Damit können sie höhere Steuerzahlungen in Jahren, in denen es gut gelaufen ist, vermeiden, wenn es in der Dreijahresfrist auch Einbrüche gab. Eine solche Möglichkeit haben bisher nur Künstler.

Manch größerer landwirtschaftlicher Betrieb wird auch von der Erhöhung der Buchführungsgrenze auf 700.000 Euro Umsatz profitieren. Bislang beträgt diese Grenze 550.000 Euro. Wer unter ihr liegt, muss keine Bilanz inklusive Gewinn- und Verlustrechnung vorweisen. Stattdessen kann die Teilpauschalierung genutzt werden. Bei dieser darf der Gewinn nach einer vereinfachten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung mit pauschalem Abzug der Betriebsausgaben ermittelt werden. Das stellt für viele Landwirte de facto auch eine Steuerersparnis dar, weil der tatsächliche Gewinn laut Steuerrechtlern untererfasst wird.

Neben all den erwähnten Entlastungen profitieren Landwirte freilich auch von der geplanten Senkung der Einkommenssteuertarife.

Grüne haben aauf dem Land noch Luft nach oben

Politisch sind die Wohltaten interessant: Während ÖVP und FPÖ vor allem in ländlichen Regionen stark waren, sind die Grünen eine urbane Partei. Auf dem Land haben die Grünen bei der Nationalratswahl acht Prozent geholt. Bundesweit waren es 13,9 Prozent. Der Politologe Peter Filzmaier sagt, dass die Grünen für den ländlichen Raum ein stärkeres Interesse haben, als es diese Zahlen vermuten lassen. Viele der zentralen Anliegen der Grünen bei Umwelt- und Klimaschutz ließen sich nicht erfüllen, wenn der ländliche Raum verödet, so Filzmaier. Und: Noch dazugewinnen könne die Ökopartei vor allem in ländlichen Regionen. (Theo Anders, András Szigetvari, 16.1.2020)