Wien – An der Donau mieft es – aber diesmal anders. Stromabwärts der Wiener Reichsbrücke, in der Nähe des Schifffahrtszentrums, liegt am Donnerstagvormittag Dieselgeruch in der Luft. Und auf dem Wasser treibt ein gräulicher Film. Ein paar Jogger am Handelskai sind stehen geblieben und beobachten die pittoresken Muster auf dem Donauwasser. Vom Umweltalarm, der ein paar Stunden zuvor gegeben wurde, wissen sie nichts.

Auf dem Wasser liegt ein Film.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Eine Polizeistreife hatte die großflächige Verschmutzung am frühen Vormittag entdeckt und Feuerwehr und Gewässerschutz informiert. Bei näherer Untersuchung wurde festgestellt, dass sich die sogenannte Treibstoffwolke auf der Donau von Klosterneuburg bis knapp vor Schwechat zog. Da das tatsächliche Ausmaß noch nicht bekannt war, wurde die Schifffahrt zwischen Greifenstein und dem Kraftwerk Freudenau aus Sicherheitsgründen eingestellt.

Außerdem veranlasste die für Gewässerschutz zuständige Magistratsabteilung 45 eine Sperre aller Trinkwasserbrunnen entlang der Donau, auch wenn sich diese derzeit nur im Standby-Betrieb befinden. Um das Grundwasser zu schützen, wurde außerdem das Grundwasserausgleichsystem gestoppt. "Das sind Routinemaßnahmen, die bei jeder geringsten Gefahr eingeleitet werden", erklärte Andreas Straka vom Gewässerschutz auf Anfrage des STANDARD.

Schneller, als die Donau derzeit fließt, verbreitete sich der Einsatz-Tweet der Polizei, der unter #Ölteppich lief. In sozialen Internetmedien ging die Angst vor einer schrecklichen Umweltkatastrophe um – die sich aber, wie am Nachmittag dann feststand, glücklicherweise nicht ereignet hat.

Experten schätzen, dass ein paar Hundert Liter in die Donau geflossen sind. Weil der Durchfluss der Donau aber derzeit gering sei und Windstille geherrscht habe, habe sich der Diesel auf der Oberfläche großflächig verteilt und sei auch vom Ufer oder von Brücken aus gut zu sehen gewesen.

Zum Vergleich: Beim bisher jüngsten gröberen Zwischenfall auf der Donau in Wien waren im Jahr 2015 mehrere Tausend Liter Treibstoff in den Fluss gelangt. Schuld war damals ein Fehler beim Betanken.

Wie damals hat auch diesmal die Feuerwehr den Schiffsdiesel, der wegen seiner geringeren Dichte als Wasser oben schwimmt, mit Ölsperren bekämpft. Diese schwimmenden Schläuche sind mit einem Material gefüllt, das Treibstoffe bindet.

Die Ölsperre wurde gegen Mittag eingesetzt.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Am späten Nachmittag wurden die Sperren entfernt und die Donau für die Schifffahrt wieder freigegeben. Für den Nationalpark Donau-Auen, der sich von Wien bis zur Grenze zur Slowakei zieht, seien nach ersten Einschätzungen keine Schäden zu erwarten, hieß es.

Den Verursacher der Umweltverschmutzung ausfindig zu machen dürfte eine Weile dauern. Klar ist, dass der Treibstoff schon in Niederösterreich in die Donau gelangt sein muss. Die Behörden gingen die Transponderaufzeichnungen durch, mit denen jedes Schiff bei entsprechenden Stellen registriert und identifiziert wird. Auch eine schiefgegangene Betankung konnte noch nicht als Grund für den Dreck auf der Donau ausgeschlossen werden.

Insider vermuten, dass Bilgewasser illegal abgelassen worden sein könnte. Das sind Rückstände aus Diesel, Öl und Kondenswasser, die sich im untersten Raum eines Schiffes, der Bilge, ansammeln. Das Entsorgen dieses Sondermülls ist kostenpflichtig. (Michael Simoner, 16.1.2020)