FM4-Senderchefin Monika Eigensperger.

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"Willkommen zu Hause, das Ding heißt FM4. Das Ding ist das Radio, das ihr euch verdient habt. Und es soll nicht das zweitbeste sein (...) Und so klingt's, wenn das FM4-Herz zu schlagen beginnt", also hauchte Angelika Lang am 16. Jänner 1995 um 19 Uhr ihre markante Stimme durch den Äther und leitete damit eine neue Ära ein: Der ORF-Jugendkultursender FM4 war geboren. Kurz vor ihrer Moderation klebte Lang noch schnell ihren Kaugummi auf das Mischpult. Was liegt, das pickt. Der erste Song, der auf Sendung ging: "Sabotage" von den Beastie Boys.

Der Kaugummi ist mittlerweile entfernt, das Mischpult ist neu, nur FM4 ist geblieben, und so heißt es 25 Jahre später noch immer "You're at home, baby". Chefin des Senders ist seit dem Jahr 1996 Monika Eigensperger, 2016 avancierte sie auch zur ORF-Radiodirektorin. Im STANDARD-Interview spricht sie über prägende Momente der Sendergeschichte und den FM4-Spirit.

STANDARD: Wo wären Bands wie Bilderbuch, Wanda oder Voodoo Jürgens ohne FM4?

Eigensperger: Ich möchte nicht überheblich klingen, glaube aber, dass FM4 über viele Jahre mit kontinuierlicher Aufbauarbeit und Neugierde einen wirklich wichtigen Anteil am Erfolg einiger österreichischer Musikerinnen und Musiker hat. Die drei sind extrem erfolgreiche Beispiele, aber wir fördern auch Musikerinnen und Musiker, die zwar künstlerisch extrem viel beachtet werden, aber nur eine kleinere Gruppe von Menschen erreichen. Das wiederum macht Menschen Mut, die in jungen Jahren überlegen, eine Band zu gründen. Der riesengroße deutsche Markt wundert sich immer wieder über die österreichische Musikszene. Die Frage, warum es im zehnmal so großen Deutschland nicht zehnmal so viele gute Bands gibt, sondern mehr more of the same, mündet oft in der gleichen Antwort. Hier kommt dann FM4 ins Spiel. Bilderbuch habe ich erstmals bei einem FM4-Fest in der Cselley-Mühle gesehen, da müssen sie gerade erst das Gymnasium verlassen haben.

STANDARD: Es nervt Sie wahrscheinlich schon sehr, aber wie oft hören Sie im Zusammenhang mit FM4 noch die Bezeichnung "Berufsjugendlicher"?

Eigensperger: Nur von manchen Journalisten, sonst nie. Niemand glaubt, dass ich berufsjugendlich bin. Ich halte diese Zuschreibungen für entbehrlich. Wenn man in einer Familie aufwächst, wo klassische Musik eine große Bedeutung hat, ist für manch 14-Jährige vielleicht Mozart der größte Held. Ist man popkulturell sozialisiert mit einem offenen Horizont, was Kunst und Kultur betrifft, dann kann einem Dvořák gefallen, aber auch Mavi Phoenix oder der neueste Hip-Hop. Warum nicht? Damals, das muss fast die Generation meiner Eltern gewesen sein, waren die Beatniks die komischen Leute mit den langen Haaren. Wahnsinn war das Synonym für jung. Mich macht so eine Verengung atemlos. Es gibt 22-Jährige, die sind so konservativ, und 70-Jährige, die neugierig auf die gesamte Welt sind. Diese Kategorisierungen finde ich absurd.

STANDARD: Und Sie wehren sich dagegen.

Eigensperger: FM4 tritt seit Beginn dagegen an, Menschen in Schubladen zu stecken, ihnen Etiketten umzubinden und sie dort einzusperren. Ein Beispiel ist John Peel von der BBC. Der hat bis zu seinem Tod die neuesten Musiksachen in England entdeckt und zahlreiche Künstler großgemacht. Er hatte ein fortgeschrittenes Alter, aber kein Mensch hat zu ihm berufsjugendlich gesagt, nur weil er sich weiter für Musik interessiert hat. In England würde man zu niemandem sagen: Jetzt bist du 40 Jahre alt und interessierst dich noch für britische Künstler. Geh doch in ein Volksmusikkonzert, du alter Sack (lacht). Das ist absurd, die Menschen ticken nicht so. Und es ist wunderbar, Menschen mit Sachen anzustecken, die sie begeistern. Es wird einem nicht immer gelingen, es ist aber ein schönes Ziel.

STANDARD: FM4 war in der Anfangszeit dafür bekannt, mit Formaten wie "Projekt X" oder "Salon Helga" ein Stück weit anarchistisch zu sein und galt als Experimentierfeld. Ist dieser Spirit verlorengegangen, nachdem der Sender in die Jahre gekommen ist?

Eigensperger: Der FM4-Spirit ist absolut noch da, und wir haben immer wieder unterschiedliche Ansätze von schräger Comedy. Es gibt nach wie vor einen eigenen FM4-Humor – durchaus mehrmedial, wenn ich an die Social-Media-Ausspielungen denke. Wir haben einen speziellen Zugang und leiten nicht einfach jeden Bürowitz weiter. Schön ist, wenn man ganz große Talente hatte oder hat, die zu Recht im Gedächtnis bleiben. Die findet man aber nicht jeden Tag.

STANDARD: Und manche ziehen weiter – wie zum Beispiel Stermann und Grissemann.

Eigensperger: Die sind uns ja unendlich lange treu geblieben, da dürfen wir nicht raunzen. Bei der Entstehung von "Willkommen Österreich" habe ich mich sehr für die beiden eingesetzt, denn sie sind für Stand-up-Comedy prädestiniert.

Grissemann, Stermann und die "Projekt X"-Hauptprojektleiter Votava und Knötzl feiern hier den dritten Geburtstag des Senders, in der Zwischenzeit sind 22 weitere dazugekommen.
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STANDARD: Welcher Moment war für Sie der prägendste oder schönste der bisherigen Sendergeschichte von FM4?

Eigensperger: Es gab so viele, aber zweifellos von enormer Bedeutung war jener Moment im Jahr 2000, als wir auf 24 Stunden Betrieb pro Tag umgestellt haben und es zu einer Fusion mit Blue Danube Radio kam – da wurde die gesamte Technik zwischen Weihnachten und Neujahr ausgetauscht. Und es begann ein großartiger und erfolgreicher Prozess: das Zusammenwachsen von zwei völlig unterschiedlichen Unternehmenskulturen zu einer Mannschaft. Auch sehr aufregend war vor ein paar Wochen die Übersiedlung aus dem Funkhaus, der langjährigen Heimat des Senders, in eine völlig neue Welt am Küniglberg mit neuer Technik, die uns wunderbare Dinge ermöglicht.

Gesichter aus der Anfangszeit, die FM4 geprägt haben oder nach wie vor prägen: Stermann, Grissemann, Votava, Blumenau, Haipl und Eigensperger.
Foto: ORF/Radio FM4

STANDARD: Und im negativen Sinne: Was waren die schmerzhaften Momente?

Eigensperger: Der Mensch ist gut darin, solche Sachen auch wieder zu vergessen (lacht).

STANDARD: Zum Beispiel, dass es vor rund zwei Jahren Spekulationen gab, dass FM4 unter der damaligen türkis-blauen Regierung eingestellt werden könnte?

Eigensperger: Arbeitet man mit großem Engagement für ein, wie wir meinen, wichtiges Medium, das sich sehr darum bemüht, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern, die Pluralität widerzuspiegeln, die gesetzlich verankerte Mehrsprachigkeit zu leben und die Welt der Hörerinnen und Hörer etwas größer zu machen, dann verunsichert das natürlich die Menschen. Das ist niemals ein erfreulicher Zustand, das kann sicher jeder nachvollziehen.

STANDARD: Wird es FM4 in 25 Jahren auch noch geben?

Eigensperger: Ich bin der Überzeugung, dass die Menschen uns auch in 25 Jahren noch gerne hören werden. Musik oder das gesprochene Wort entsprechen elementaren Bedürfnissen jedes einzelnen Menschen. Obwohl das lineare Hören derzeit bei weitem noch die größte Bedeutung hat, arbeiten wir konsequent daran, auch über diverse andere Kanäle Hörerinnen und Hörer zu erreichen – etwa über Podcasts oder On-Demand-Angebote, die die Menschen zeitunabhängig hören können, wenn sie Muße dafür haben. Hier können wir künftig hoffentlich noch mehr anbieten, da es ja Überlegungen gibt, dass der ORF flexibler damit umgehen kann in Zukunft.

STANDARD: Weil die Sieben-Tage-Regelung für ORF-Inhalte im Netz fallen soll.

Eigensperger: Ja, sowohl die Sieben-Tage- als auch die 30-Tage-Regelung für Podcasts. Denn da ist es problematisch, wenn man später einsteigt und nicht mehr nachhören kann, wie es begonnen hat. Oder Sachen, die einen dann interessieren, wenn sie einen betreffen. Man findet tausende Dinge im Netz, und es wäre schön, wenn jene der öffentlich-rechtlichen Sender, die ja für das Publikum produzieren, im Netz länger verfügbar bleiben könnten.

STANDARD: Das Regierungsprogramm ist sehr vage, was die Zukunft der ORF-Radios betrifft. Die Rede ist von einem "klaren Profil" für Ö1 und FM4. War das Profil bis jetzt nicht klar genug?

Eigensperger: Ich finde ein klares Profil immer gut und denke, dass wir bei FM4 ein relativ klares haben. Im Sinne, dass es unsere Aufgabe ist, heutige Kultur widerzuspiegeln. Das betrifft etwa Musik. Hier leistet FM4 einen großen Beitrag zu dieser vitalen, kreativen und extrem vielfältigen Szene in Österreich. Herzensthemen von FM4 sind jetzt auch politisch wichtig geworden. Zum Beispiel Nachhaltigkeit: Wie gehen wir mit unseren Ressourcen um? Extrem wichtig, und zwar von Anfang an, sind auch die Themen Diversität und Gendergerechtigkeit. Mittlerweile ist es für unsere Hörerinnen und Hörer selbstverständlich, dass wir Männer und Frauen ansprechen und nicht nur die männliche Form verwenden. Wir waren die Ersten, die das sehr konsequent gemacht haben. In der Zwischenzeit hat sich die Lebensrealität dabei ja eher der FM4-Realität angenähert als umgekehrt. Und wir setzen auf Englischsprachigkeit und Internationalität in unseren Nachrichtensendungen. Es ist kein Zufall, dass die Hörerschaft von FM4 formal einen hohen Bildungsstand hat.

STANDARD: Das Programmangebot stimmt noch?

Eigensperger: Ja, wobei wir natürlich immer wieder Neues ausprobieren. Beispielsweise geht der Hip-Hop-Lesekreis jetzt auch an Schulen. Wir waren der erste Radiosender, der einen Literaturwettbewerb für jüngere Menschen ins Leben gerufen hat – und das sehr erfolgreich. Die meisten Gewinner haben Buchverträge bekommen und reüssieren weiter. Wir verstehen uns auch als Impulsgeber für Filme, Serien, Games, und das in einem kulturellen Zusammenhang. Immer schon wichtig war uns, nicht zuletzt aufgrund der Internationalität der Mitarbeiter, Dinge von mehreren Seiten zu betrachten. Man muss nicht jede Meinung teilen, aber man kann darüber diskutieren.

Monika Eigensperger im neuen FM4-Sendestudio am Küniglberg.
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STANDARD: Der Anteil österreichischer Musik lag bei FM4 im Jahr 2018, den letzten verfügbaren Zahlen zufolge, bei 30 Prozent. Ist dieser Wert eine Richtschnur, oder soll es noch weiter nach oben gehen?

Eigensperger: Wir haben uns innerhalb von FM4 nie eine Zahl vorgegeben, sondern gesagt: Wir spielen österreichische Musik nicht, um uns in der eigenen Blase zu bestätigen, sondern einfach so viel wie geht und so viel wie sinnvoll ist. Die 30 Prozent Österreich-Musik sind aber ein guter Wert. Wir wollen das Beste aus der ganzen Welt on air bringen. Ich bin gegen Abkapselungen und finde es interessant, unterschiedliche kulturelle Strömungen zu präsentieren. Auch Herkunft, Sexualität und Orientierungen sollen wie selbstverständlich in ein Gesamtprogramm einfließen und nicht in einer einstündigen Sendung einmal pro Woche versteckt werden. Neu im Programm haben wir eine donnerstägliche "Soundpark"-Sendung von 19 bis 22 Uhr, die sich fast nur um österreichische Musiker dreht.

STANDARD: Was halten Sie in Ihrer Funktion als ORF-Radiodirektorin von einer Quote für österreichische Musik quer über alle ORF-Radios von 30 oder 40 Prozent, wie sie Privatsender immer wieder fordern?

Eigensperger: Es ist wenig glaubwürdig, etwas zu fordern, zu dem man selbst nichts beiträgt. Es geht dabei nicht um das Engagement für österreichische Musik, denn da kann jeder Medienmacher seinen Beitrag leisten, sondern darum, daraus einen Wettbewerbsvorteil zu lukrieren. Insofern ist es eine leicht durchschaubare Taktik.

STANDARD: Das Argument geht auch in Richtung Förderung österreichischer Identität.

Eigensperger: Das Kulturverständnis auf nur mehr Österreichisches zu verengen ist weder im Interesse von Musikerinnen und Musikern noch im Interesse von Menschen, die sich dafür interessieren. So etwas online anzubieten für besonders interessierte Menschen, da hätte ich gar nichts dagegen, das dürfen wir aber nicht. Das Spannende für ein öffentlich-rechtliches Medium ist ja, diverse Themen miteinander in Verbindung zu setzen. So eine Verengung bei FM4 entspräche auch nicht dem Hörerprofil junger, gebildeter Menschen, die in der ganzen Welt herumsurfen.

STANDARD: Die Zielgruppe von FM4 sind die 18- bis 34-Jährigen. Lag das Durchschnittsalter der Hörer des Senders im Jahr 2010 noch bei 32 Jahren, sind es mittlerweile 36 oder 37 Jahre. Verliert FM4 seine Zielgruppe aus den Augen, und wie können Sie gegensteuern?

Eigensperger: Man muss dorthin gehen, wo die Hörer sind. Früher waren es nur Veranstaltungen, heute kommt noch die Onlinewelt dazu. Inhalte müssen so verfügbar sein, dass Menschen darauf stoßen, auch wenn sie gar nicht danach suchen. Wir sind gut unterwegs, und die ORF-Radios insgesamt sind innerhalb der European Broadcasting Union in nahezu allen Altersgruppen die Nummer eins bei Reichweiten und Marktanteilen. Zu glauben, dass ein avanciertes, komplexeres Programm, das FM4 bietet und das noch dazu mehrheitlich fremdsprachig ist, ein Massenprogramm wird, ist eine interessante Theorie, das wird aber nicht funktionieren. Auch ist das Zeitbudget für den Medienkonsum nicht unendlich. Junge hören im Schnitt kürzer Radio, aber sie hören. Die Marktanteile und die Hörerschaft von FM4 bleiben ziemlich stabil. FM4 kommt in einer Woche auf eine Million Hörer. In internationalen Medien wird Österreich immer wieder beneidet, dass es so einen Radiosender gibt.

STANDARD: Es gibt immer wieder Stimmen, die sagen, man müsste FM4 jünger positionieren, um gegen die Konkurrenz wie etwa Kronehit besser gewappnet zu sein. Können Sie das nachvollziehen?

Eigensperger: Es kann in alle möglichen Richtungen Überlegungen geben, ich gebe nur zu bedenken, dass ein Zwölfjähriger wahrscheinlich noch nicht so gut Englisch kann, dass er unsere englischen Nachrichten versteht – und warum sollte er sie dann hören? Im Gesetz steht, dass das Programm überwiegend fremdsprachig sein muss. FM4 war schon bei der Gründung kein Kinder- und Jugendsender, sondern es war ein Sender für junge Erwachsene, deswegen sind unsere Kernzielgruppe auch die 18- bis 35-Jährigen. Die reine Alterszuschreibung ist kein Teil der Persönlichkeit, wichtig sind die Sozialisation und die Interessen unsere Hörerinnen und Hörer.

STANDARD: FM4 hat viele Zugpferde in seinen Reihen, die schon seit der Gründung oder sehr lange dabei sind, ob das jetzt ein Martin Blumenau ist oder andere wie Martin Pieper, Duscher & Gratzer, Ostermayer und Edlinger oder "Projekt X". Fehlt es am Nachwuchs, der jüngere Hörer abholt?

Eigensperger: Ich kann jetzt erwidern: Christoph Sepin, Dalia Ahmed oder Lisa Schneider, die neu den "Soundpark" moderiert. Wir haben einige Anstrengungen unternommen, um jüngere Leute zu fördern, und werden diese Aktivitäten fortsetzen. Einfach ist es nicht, Perspektiven zu bieten – bei einem jahrelangen Sparprogramm mit geringer werdenden Ressourcen. Ich halte die Nachwuchspflege bei FM4 für extrem wichtig, wir sind auch stolz darauf, dass viele Kolleginnen und Kollegen, die zum Beispiel zum Fernsehen gewechselt sind, dort sehr erfolgreich sind.

STANDARD: Der ORF möchte mit seiner Radioflotte nach wie vor nicht auf DAB+ dabei sein. Wäre das Digitalradio nicht eine Möglichkeit, um den harten Kampf um die jungen Hörer besser aufnehmen zu können?

Eigensperger: Warum? Weil die Jungen massenhaft ins Geschäft laufen und sich ein DAB-Radio kaufen? Die Jungen machen sehr viel über ihr Handy, Smart-Speaker oder Computer. Ich würde es zwar schön finden, wenn jeder junge Mensch von seinen Eltern als wichtiges Kulturgut ein Radiogerät geschenkt bekommt, wenn er von zu Hause auszieht. Ich glaube aber nicht, dass das der Fall ist. Dem ORF wäre es jetzt bereits gestattet, dieselben Programme, die er über UKW verbreitet, auch über DAB anzubieten. Ein zusätzliches Angebot ist uns nicht erlaubt. Für mich als Konsumentin ist es nicht besonders attraktiv, mir ein neues Kastl zu kaufen, wenn ich dort nichts Neues bekomme. Im Regelfall gibt es in jedem Haushalt im Schnitt fünf Radioempfangsmöglichkeiten. Die Frage ist, was bei 5G rauskommt, wenn über diesen Weg alles in die Haushalte transportiert werden könnte. Ich sehe beim Digitalradio derzeit nicht den großen Vorteil für die Hörerinnen und Hörer und auch nicht für den ORF.

STANDARD: Die Privatsender haben ja gefordert, dass FM4 etwa nur noch über DAB+ empfangbar senden soll.

Eigensperger: Aus Sicht der Privatsender ist diese Forderung verständlich. Aus der Sicht unserer Hörerinnen und Hörer allerdings nicht.

STANDARD: Ein nächstes großes Projekt ist der multimediale Newsroom im ORF, der Fernsehen, Radio und Online enger zusammenführt. Es gibt die Befürchtung, dass Redaktionen zusammengelegt werden und zum Beispiel Radio unter die Räder kommt. Besteht die Gefahr, dass die Eigenständigkeit verlorengeht?

Eigensperger: Die ORF-Radios sind extrem erfolgreich und kommen gemeinsam auf einen Marktanteil von 74 Prozent. Täglich hören fünf Millionen Menschen eines der ORF-Radioprogramme, was diese zum erfolgreichsten Medienprodukt in Österreich macht. Die Nachrichten werden von der Radio-Information für die Radios bereitgestellt und bei den Landesstudios etwa um regionale Informationen ergänzt, aber im Prinzip kommen Interviews und Originaltöne aus dem Radio-Newsroom. Und trotzdem unterscheiden sich die Nachrichten von Ö3 oder FM4 eklatant. Die erfolgreichsten Sendungen von Ö1 sind die "Journale". Ich kann mir nicht vorstellen, dass es im Interesse des ORF sein kann, die Informationskompetenz der Radios zu schwächen, die bei sämtlichen Qualitätsuntersuchungen an der Spitze liegen. Dieses Vertrauen der Hörer ist ganz wichtig für den ORF insgesamt.

STANDARD: Die ORF-Geschäftsführungsperiode endet in zwei Jahren, wahrscheinlich wird dann die Radiodirektion abgeschafft. Werden Sie danach FM4-Chefin bleiben?

Eigensperger: Kein Kommentar. (Oliver Mark, 16.1.2020)