Endlich hat es auch Otis Milburn (Asa Butterfield) geschafft und die Freuden der Masturbation entdeckt. Große Gratulation! Der Spätzünder hat Anfang 2019 in der ersten Staffel der Netflix-Produktion Sex Education damit gehadert, dass ihm Selbstbefriedigung nicht so leicht von der Hand geht. Entspannung ist nicht so das Ding des verkopften 16-Jährigen.

Foto: Netflix

Jetzt, in der Verlängerung – acht neue Folgen sind ab Freitag auf Netflix abrufbar –, ist das anders. Blass, schmalbrüstig und ein bisschen nerdig ist er noch immer, Außenseiter aber keiner mehr. Mittlerweile ist er recht beliebt im Kreis der Teenies an der Moordale-Secondary-Schule. Dort geht es auch in der Fortsetzung (Regie: Ben Taylor, Alice Seabright, Sophie Goodhart) sehr explizit und erfrischend offen zur Sache – ohne je peinlich zu werden. Nach dem Erfolg der ersten Staffel – sie war auch in Österreich unter den meistgesehenen Netflix-Produktionen 2019 – lag die Latte hoch.

Oh nein! Mama mischt mit

In den neuen Folgen (geschrieben von Laurie Nunn) gibt Jungfrau Otis wieder gescheite theoretische Tipps für ein gelungenes Sexual- und Beziehungsleben. Gegen Geld, denn nichts ist umsonst. Sein Erfolgsrezept: Er hört zu, nimmt die Ängste und Sorgen ernst. Diesmal bekommt er aber Konkurrenz aus dem eigenen Haus. Nach einer Massenpanik wegen Chlamydien soll sich ausgerechnet seine Mutter Jean (großartig: Gillian Anderson, Akte X, American Gods) den offiziellen Sexualunterricht der Schule genauer anschauen. Den gibt die Sexualtherapeutin dann gleich selber.

Gillian Anderson als Mama Jean Milburn
Foto: Netflix

Die Größe der Schamlippen, vorgetäuschte Orgasmen, Fetische, Bisexualität, Dirty Talk: Sie hat auf alles eine Antwort, und sie ist vor allem gut darin, den verunsicherten Teenagern zu vermitteln, dass es okay ist, wie sie sind. Und alle sexuellen Spielarten in Ordnung sind, wenn es einem (und den Partnern) gut geht damit. Offen, wertschätzend, ehrlich, nie moralisierend: Aufklärung, wie man es sich im echten Leben auch wünschen würde.

Sie selbst tut sich allerdings schwer mit einer neuen Beziehung, zu viel Nähe macht ihr Angst, dass sich Otis von ihr abnabelt, ebenso. Der Haussegen hängt gehörig schief. Doch seine Mutter ist nicht sein einziges Problem, Otis muss sich zwischen zwei Frauen entscheiden, diese Überforderung bringt auch seine dunklen Seiten und lang Verdrängtes zutage.

Otis mit Freundin Ola (Patricia Allison).
Foto: Netflix

Die Charaktere werden authentisch weiterentwickelt, die Dialoge kommen aber mit weniger Geplänkel aus, es wird ernster, tragischer, der Humor kommt trotzdem nicht zu kurz. Man merkt: Die Kids werden erwachsen. Gut so! (Astrid Ebenführer, 17.1.2020)