St. Pölten / Kirchstetten – Die Staatsanwaltschaft St. Pölten hat nach jahrelangen Ermittlungen zu Vorgängen im Pflegeheim Kirchstetten im Bezirk St. Pölten-Land Anklage gegen vier Beschuldigte eingebracht. Den ehemals dort tätigen Pflegekräften werde das Quälen oder Vernachlässigen sowie der sexuelle Missbrauch wehrloser Personen vorgeworfen, sagte Sprecher Leopold Bien am Freitag.
Ein Verfahren eingestellt
Gegen einen Verdächtigen wurde das Verfahren dem Staatsanwalt zufolge eingestellt. Dieser sei im Verdacht gestanden, dass "er es verabsäumt hätte", auf die Missstände zu reagieren, so Bien. Die Vermutung habe sich nicht erhärtet.
Im Wesentlichen spiegelt die Anklage laut dem Behördensprecher auch den Inhalt jenes Vorhabensberichts wider, den die Staatsanwaltschaft Ende 2019 an die Oberstaatsanwaltschaft und das Justizministerium geschickt hatte. Es habe vom Ministerium lediglich "eine Weisung hinsichtlich einer rechtlichen Qualifikation" gegeben.
Bei einer Verurteilung drohen den Beschuldigten bis zu zehn Jahre Haft. Prozesstermin gibt es noch keinen, unter anderem deshalb, weil die Anklageschrift nicht rechtskräftig ist.
Vorwurf: Sexueller Missbrauch, Quälen, Vernachlässigung
Seit Oktober 2016 wurde gegen die fünf ehemalige Pflegekräfte des Heims ermittelt. Sie bestritten die Vorwürfe des Quälens und Vernachlässigens sowie des sexuellen Missbrauchs von Pflegebefohlenen stets.
Im Zuge der Ermittlungen wurden auch die Leichen ehemaliger Heimbewohner exhumiert. Ein toxikologisches Gutachten ergab jedoch im Frühjahr 2019 keine Anzeichen, dass den Patienten systematisch ein Medikament verabreicht worden war, das den Todeseintritt beschleunigt haben könnte. "Ein Verdacht in Richtung eines Tötungsdelikts hat sich nicht erhärtet", betonte Bien am Freitag. (APA, 17.1.2020)