An der Uni Wien ist man sich uneins. Die Hochschülerschaft protestiert gegen die Vorlesung eines FPÖ-nahen Historikers. Das Rektorat appelliert zu Respekt.

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"Alle sind aufgefordert – darin liegt mein dringlicher Appell –, für unsere freie und offene Gesellschaft einzutreten und zum respektvollen Miteinander beizutragen. Gewalt hat keinen Platz an der Universität", sagt Rektor Heinz W. Engl.

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Nachdem die Proteste linker Gruppen gegen die Vorlesung des FPÖ-nahen Historikers Lothar Höbelt diese Woche mit einer Hörsaalblockade ihren Höhepunkt erreichten, bei der auch rohe Eier geworfen wurden, appellierte am Freitag der Rektor der Universität Wien per Aussendung an die Studierenden. "Protest und auch Protestaktionen sind Teil der Universitätskultur", heißt es in der Aussendung, die auch auf der Website der Hochschule publiziert wurde. Und weiter: "Vermummung und Gewaltbereitschaft dürfen dies aber niemals sein."

Rektor Heinz W. Engl appelliert darin zu "einem respektvollen Miteinander". Schließlich seien alle Universitätsangehörigen "der Freiheit von Wissenschaft und Lehre in besonderer Weise verpflichtet". Die Universität wolle auch den "Versuch externer Gruppen nicht zulassen, die Universität zu vereinnahmen und diese Werte zu ignorieren", und in diesem Sinne "alles ihr Mögliche unternehmen, um den ungestörten Lehrbetrieb sicherzustellen". Wie dies genau aussehen werde, ob es etwa zusätzliches Sicherheitspersonal am kommenden Dienstag geben wird, darüber wollte die Uni auf STANDARD-Anfrage keine Auskunft erteilen. Man werde das intern überlegen und wolle dem nicht vorgreifen.

Zuletzt kam es am Dienstagnachmittag zu einer Protestaktionen im Vorfeld von Höbelts Lehrveranstaltung, rund 150 Personen blockierten die Eingänge zum Hörsaal. "Bedauerlicherweise kam es in diesem Zusammenhang auch zu Tätlichkeiten, Sachbeschädigungen und in der Folge zu Anzeigen", kritisiert die Uni Wien. Der Sicherheitsdienst der Universität verständigte die Polizei. Die Lehrveranstaltung konnte an diesem Nachmittag nicht stattfinden.

Hochschülerschaften unterstützen Protest

Unterstützt wird der Protest unter anderem von der lokalen Hochschülerschaft. Diese erklärte in einer Aussendung am Mittwoch, die Aktionen gegen Höbelt seien "Teil einer antifaschistischen Kampagne, die sich auch gegen den Akademikerball, den 'Farbenbummel' und andere rechtsextreme Auswüchse an der Universität Wien richtet".

Seit Dezember organisiert die ÖH Uni Wien mittwochs Demonstrationen gegen die traditionelle Versammlung der Burschenschafter vor dem Haupteingang der Universität. "Wir werden so lange da stehen, bis die Leitung der Uni Wien endlich ein Zeichen gegen Faschismus, Rassismus, Sexismus und Antisemitismus setzt und rechtsextreme Aufmärsche unterbindet", erklärte das Vorsitzteam der ÖH Uni Wien.

"Auch im europäischen Vergleich ist es eine Schande, dass ein Rechtsextremer wie Höbelt an der Uni Wien lehren darf. Umso wichtiger sind die Proteste von jüdischen und antifaschistischen Studierenden, die dafür sorgen, dass die Thesen eines Holocaust-Verharmlosers nicht unwidersprochen bleiben", stimmte Bini Guttmann, Präsident der Europäischen Union Jüdischer Studierender (EUJS), in derselben Aussendung mitein.

Die ÖH Uni Wien wirft dem Historiker "rechtsextremes Gedankengut" vor.
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FPÖ bringt "aktuelle Stunde" ein

Als Reaktion auf die Vorkommnisse setzte die FPÖ für die Nationalratssitzung am Mittwoch eine "aktuelle Stunde" mit dem Titel "Grundrechte in Gefahr – Totalitäre Tendenzen an Schulen und Unis stoppen!" auf die Tagesordnung. "Bildungs- und Wissenschaftsminister Faßmann hat zu den skandalösen linksextremen Umtrieben bis heute geschwiegen, im Nationalrat wird er Position beziehen müssen", erklärte FPÖ-Klubchef Herbert Kickl via Aussendung am Freitag.

Die "extreme Linke" habe "in kürzester Zeit" erkannt, dass der neuen Regierung "ihre Bekämpfung nicht das geringste Anliegen" sei, und daraufhin "ihre demokratiefeindlichen Aktivitäten massiv ausgeweitet", heißt es in der Aussendung. Die mit "gewalttätigen Attacken auf Studenten einhergehende Hörsaalblockade" ist laut Kickl der "vorläufige Tiefpunkt". Dass sich die ÖH mit den Demonstranten solidarisiere, sei der "politische Skandal" und stelle die Existenzberechtigung der Interessenvertretung infrage.

Engl: "Freie und offene Gesellschaft"

Das Staatsgrundgesetz "Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei" sei eine Errungenschaft, der alle Universitätsangehörigen – Lehrende und Studierende – in besonderer Weise verpflichtet seien, erklärte die Uni Wien am Freitag. Gerade die Interessenvertretung der Studierenden trage diese Verantwortung mit. "Alle sind aufgefordert – darin liegt mein dringlicher Appell –, für unsere freie und offene Gesellschaft einzutreten und zum respektvollen Miteinander beizutragen. Gewalt hat keinen Platz an der Universität", sagte Rektor Engl.

Die ÖH Uni Wien erklärte hingegen, auch die kommenden Termine von Höbelt verhindern zu wollen – dabei handelt es sich um die letzte Vorlesungseinheit in der kommenden Woche und die abschließende Prüfung in der darauffolgenden Woche. (ook, 17.1.2020)