Das Verbotsgesetz könnte in Österreich deutlich strenger werden.

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Wer bestreitet, dass im Konzentrationslager Mauthausen eine Gaskammer existierte, kommt derzeit straffrei davon: Denn das Verbotsgesetz zielt auf jene Geschichtsrevisionisten ab, die die Verbrechen des Nationalsozialismus "gröblich verharmlosen". Das zeigte der Fall eines Anwalts, der in einem Plädoyer vor Gericht bezweifelte, dass in Mauthausen Menschen mit Giftgas ermordet worden sind. Die Staatsanwaltschaft wollte ermitteln, der Weisenrat im Justizministerium entschied jedoch, dass der Anwalt nicht "die nationalsozialistischen Massenmorde und die hiermit verbundene Existenz von Konzentrationslagern und Gaskammern als historische Tatsache bagatellisiert" habe.

Geht es nach den Grünen, soll sich ein derartiger Fall nicht wiederholen. Sie haben sich während der Regierungsverhandlungen dafür eingesetzt, dass auch die sogenannte Teilleugnung des Holocausts vom Verbotsgesetz erfasst wird. Diese wird explizit im türkis-grünen Regierungsprogramm als Beispiel für etwaige Lücken im Verbotsgesetz erwähnt.

Kriegsschuld

Fraglich ist, ob die Gesetzesreform auch auf die "Kriegsschuld-Leugnung" eingeht. Dabei handelt es sich um eine beliebte Strategie, den Nationalsozialismus zu verharmlosen. Und zwar durch eine "oft antisemitisch konnotierte Leugnung der Schuld des NS-Regimes am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges", wie die Historikerin Brigitte Bailer in einem 2018 erschienenen Sammelband zum Thema schreibt. Die Kriegsschuld-Leugnung besteht etwa darin, die Verbrechen des Holocausts zwar anzuerkennen, diese allerdings als eine Art "Verteidigung" auf die Angriffe "des Finanzkapitals" gegen den "eigentlich friedlichen" Nationalsozialismus darzustellen. Damit wird negiert, dass Vernichtungs- und Kriegsabsichten grundlegende Elemente des Nationalsozialismus sind.

Für Robert Eiter vom Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) sind eine Leugnung von Kriegsschuld oder Teilen des Holocausts prinzipiell schon jetzt strafbar: "Eine Klarstellung wäre aber zu begrüßen." Er plädiert dafür, dass das Verbotsgesetz künftig auch im Ausland begangene Taten umfassen soll – in Erinnerung ist Eiter etwa der Fall Herbert Schaller: Die Staatsanwaltschaft hatte keine Ermittlungen gegen den Rechtsanwalt eingeleitet, weil dieser den Holocaust in Teheran geleugnet hat.

Skepsis gegenüber Geschworenen

Das MKÖ zeigt sich auch skeptisch gegenüber der Geschworenengerichtsbarkeit. "Berufsrichter wären treffsicherer", so Eiter. Auch das soll dem Vernehmen nach bei den türkis-grünen Verhandlungen Thema gewesen sein. Sowohl das Justizministerium als auch der ÖVP-Parlamentsklub verweisen auf eine geplante Evaluierung. Deren Geschichte ist lang: Schon Wolfgang Brandstetter, Vor-Vor-Vorgänger der aktuellen Justizministerin Alma Zadić, wollte 2017 das deutsche Max-Planck-Institut mit dieser Evaluierung beauftragen. Das hatte jedoch "Kapazitätsprobleme", sodass eine Anfrage an das "Netzwerk für legislative Zusammenarbeit zwischen den Justizministerien der Europäischen Union" gestellt wurde. Darauf folgte bis Mai 2018 eine Menge an Antworten, die "alle bisherigen Anfragen an das Netzwerk übertraf", wie aus einer Anfragebeantwortung an den damaligen Justizminister Josef Moser hervorging. Dem Vernehmen nach soll der Input aus den anderen EU-Mitgliedsstaaten aber wenig hilfreich gewesen sein. Deshalb sollen sich nun offenbar interne und externe Experten auf die Suche nach Lücken machen.

Gleichzeitig steht aber noch eine weitere Evaluierung ins Haus: Auch das Abzeichengesetz soll geprüft werden. Es zielt auf Objekte mit nationalsozialistischen Symbolen ab. Diese müssen nicht zwingend zur Verherrlichung des NS-Regimes gezeigt oder hergestellt werden, damit eine Strafbarkeit erreicht ist – eine wichtige Abgrenzung zum Verbotsgesetz. Allerdings ist das Abzeichengesetz in der Praxis relativ zahnlos. Gefordert wird schon lange eine standardisierte Liste an verbotenen Symbolen, an der sich die Exekutive orientieren kann. Behörden müssen ihre Mitarbeiter besser ausbilden und stärker über die verschiedenen gesetzlichen Möglichkeiten informieren, sagt der Historiker Mathias Lichtenwagner. Oft käme das Verbotsgesetz zum Einsatz, obwohl andere Gesetze treffsicherer wären. Außerdem brauche es eine bessere Kommunikation zwischen den Behörden, so Lichtenwagner: Entscheidet sich eine Staatsanwaltschaft beispielsweise, wegen eines gezeigten Hakenkreuzes doch nicht anzuklagen, kann die Verwaltung weiterhin strafen – wenn sie informiert wird.

Eiter fordert, dass die Höchststrafe im Abzeichengesetz dem Symbolegesetz angeglichen wird: Es sei unverständlich, dass man beim Zeigen der IS-Flagge bis zu 10.000 Euro zahlen müsse, bei Zurschaustellung eines Hakenkreuzes hingegen nur 4.000 Euro. (Fabian Schmid, 20.1.2020)