Tirol, Deutsche und Schnee einmal anders. Der akzeptierende Ansatz der Drogenarbeit Z6, die Drug-Checking für Konsumenten anbietet, hat die deutsche Drogenbeauftragte nachhaltig beeindruckt.

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Seit knapp sechs Jahren bietet der Verein Drogenarbeit Z6 in Innsbruck Drug-Checking an. Dabei können Konsumenten jede Woche synthetische Drogen anonym und kostenlos auf ihre Inhaltsstoffe untersuchen lassen. Im Zuge dessen erhalten sie eine Beratung zum "schadensminimierenden Umgang" und zu möglichen Folgen des Konsums. Die Innsbrucker waren nach "Check it" in Wien die zweiten in Österreich, die solche Analysen in Kooperation mit der Gerichtsmedizin angeboten haben. Nun soll ihr Beispiel in Deutschland Schule machen. Denn nach ihrem kürzlichen Tirol-Besuch zeigt sich die Drogenbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), von dem Projekt begeistert.

"Drogenkonsum wird es immer geben"

"In Innsbruck habe ich gesehen, dass gutgemachtes Drug-Checking Konsumenten erreichen kann, die sonst nie Hilfe oder Beratung in Anspruch nehmen würden", erklärt Ludwig dazu dem STANDARD. Man müsse einfach realistisch sein, sagt die CSU-Politikerin: "Drogenkonsum wird es immer geben. Weder durch strafrechtliche Daumenschrauben, noch durch völlige Freigabe werden wir erreichen, dass Menschen komplett drogenfrei leben." Wichtig sei daher, Hilfe und wirksame Prävention anzubieten.

Dem pflichtet Manuel Hochenegger, der das Drug-Checking-Projekt in Innsbruck leitet und aufgebaut hat, bei: "Angesichts der geltenden Gesetzeslage ist Drug-Checking der beste Umgang mit dem Konsum." Denn es schützt die Konsumenten, indem sie erfahren, was genau in den Pillen, Pülverchen oder Blättchen enthalten ist. Zudem wird ihnen im Zuge des obligatorischen Beratungsgespräches Information und Hilfe angeboten, was ihr Konsumverhalten betrifft.

Akzeptierender Ansatz

Hochenegger spricht von "Prävention durch Beziehung", man verzichtet auf den moralischen Zeigefinger. Der Verein hat sich in seiner Drogenarbeit dem akzeptierenden Ansatz verschrieben. Das heißt, Drogenkonsum wird nicht von vornherein abgelehnt, sondern man setzt auf fundiertes Wissen und Aufklärung.

Und auch die Fachleute profitieren vom Drug-Checking. Denn die Proben – 513 im Jahr 2019 – liefern ihnen einen authentischen Überblick über den Drogenmarkt. So ist Kokain in Innsbruck die am häufigsten getestete Substanz, danach folgen Amphetamine und MDMA-Varianten (Methylendioxyamphetamine).

Zudem zeigten die Proben, dass etwa der Wirkstoffgehalt des Kokains enorm gestiegen ist. "Man kann sagen, dass eine Line Koks heute dreimal so stark ist wie noch vor fünf Jahren", erklärt Hochenegger. Auf Basis dieser Daten warnen die Drogenberater ihre Klienten davor, nicht überzudosieren. Solch fundierte Information schafft Vertrauen. Wenn die Konsumenten Hilfe suchen, wenden sie sich wieder an die Drogenarbeit Z6.

Warnung bei Verunreinigung

Werden Verunreinigung durch Streckmitteln in den Substanzen festgestellt, veröffentlicht der Verein Warnungen mit genauen Beschreibungen online und informiert Systempartner. Die Zusammenarbeit mit Rettungsorganisationen wird gerade aufgebaut.

In Deutschland will die Drogenbeauftragte Ludwig nun erörtern, ob und wie Drug-Checking bundesweit umsetzbar wäre: "Wir dürfen vor dieser Methode nicht die Augen verschließen." Tirols Soziallandesrätin Gabriele Fischer (Grüne), Hauptgeldgeberin des Projektes neben Bund und Stadt, ist ob des Erfolges erfreut und sagt: "Das Angebot wird sich laufend an die im Umlauf befindlichen Substanzen anpassen müssen." (Steffen Arora, 18.1.2020)