Nicht nur in Traisen wird am 26. Jänner der Gemeinderat gewählt.

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Die niederösterreichische Gemeinderatswahl steht außerhalb des größten Bundeslandes in Österreich vielleicht nicht bei vielen Beobachtern auf der Liste der ganz bedeutsamen Wahlen. Zu Unrecht.

Denn erstens hat die Wahl am 26. Jänner indirekt bundespolitische Relevanz, weil die Stärke der Parteien in den Gemeinden auch die Schlagkraft bei österreichweiten Wahlen mitbestimmt. Und zweitens bemängelt die Opposition im Landtag bei dieser Gelegenheit aus ihrer Sicht gravierende demokratiepolitische Defizite.

Aktuell wird etwa wieder über die nichtamtlichen Stimmzettel diskutiert. Parteien ist es bei der Gemeinderatswahl in Niederösterreich erlaubt, im Vorfeld der Wahl eigene, selbstgedruckte Stimmzettel zu verteilen. Die Wähler können den nichtamtlichen Zettel ins Wahllokal mitnehmen und ihn statt des normalen, amtlichen Stimmzettels einwerfen. So müssen die Gemeindebürger nicht mehr die Partei und die Personen ankreuzen, die sie wählen wollen, sondern haben die – aus Sicht der Partei – richtige Stimme schon vorab bekommen. So geht Service auf Niederösterreichisch.

Die Neos haben damit ein Problem. Sie forderten zuletzt die Abschaffung der nichtamtlichen Stimmzettel – in keinem anderen Bundesland sind andere Stimmzettel als die amtlichen zugelassen. SPÖ, FPÖ und Grüne stimmten dem Antrag zu – nur die Volkspartei mit ihrer absoluten Mehrheit lehnte ab und verhinderte so die Abschaffung. "Mit einer fairen Wahl nach westlichen Standards hat dieses manipulationsanfällige System nichts zu tun", sagt die pinke Landessprecherin Indra Collini.

"Taschenspielertricks"

In Purkersdorf und Zwentendorf ließen sich etwa, wie in vielen anderen Gemeinden, die Bürgermeister auf sie zugeschnittene Stimmzettel drucken.

Natürlich gibt es für die nichtamtlichen Stimmzettel Vorschriften: Sie müssen auf "weiches, weißliches Papier" gedruckt sein und etwa die Abmessungen eines A5-Zettels aufweisen. Die Parteien dürfen keine Fotos von Personen oder Wahlslogans darauf drucken – aber es muss erkennbar sein, für wen die Stimme abgegeben wird.

Für die Neos stellt das aber nicht ausreichend sicher, dass auch alles sauber abläuft: Sie haben etwa nichtamtliche Stimmzettel gesammelt, auf denen sämtliche ÖVP-Kandidaten einer Gemeinde aufgelistet sind – ohne Hinweis darauf, dass es sich ausschließlich um Kandidaten der Volkspartei handelt. Beschriftet ist der Zettel mit "Stimmzettel zur Gemeinderatswahl am 26. Jänner 2020".

"Diese Pseudo-Stimmzettel beinhalten alle Taschenspielertricks, die dank der ÖVP und ihrer absoluten Mehrheit im Land Einzug gehalten haben", sagt Neos-Chefin Collini. Den Wählern werde vorgegaukelt, dass sie den Gemeinderat direkt zusammenstellen können. "Das ist nichts weiter als legalisierter Machtmissbrauch, denn in jedem anderen Bundesland Österreichs wäre dieser Stimmzettel ungültig." Besonders ärgerlich für die Neos: Wer einem Kandidaten seine Vorzugsstimme gibt, wählt automatisch dessen Partei.

ÖVP verteidigt System

"Bei uns in Niederösterreich zählt Name vor Partei, wir glauben nicht, dass das die Neos erst jetzt mitbekommen haben", heißt es dazu aus der Volkspartei Niederösterreich. "Den nichtamtlichen Stimmzettel gibt es im Übrigen schon länger als den amtlichen", betont man im Büro der Volkspartei, die weiterhin am System der nichtamtlichen Stimmzettel festhält.

Spannend wird in dem Bundesland nach der Gemeinderatswahl auch das Zweitwohnsitzerthema. Die Bürgermeister dürfen ja weitgehend frei entscheiden, welche Nebenwohnsitzer zur Wahl berechtigt sind und welche nicht, nachdem eine Reparatur des Gesetzes gescheitert ist. Die Grünen haben bereits angekündigt, Wahlanfechtungen in einzelnen Gemeinden genau zu prüfen. (Sebastian Fellner, 19.1.2019)