Robert Webers starke EM-Zahlen: 27 Tore, 77 Prozent Trefferquote.

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Wien – Robert Weber hat in seiner Handballkarriere Haare lassen müssen. Aber nur auf dem Kopf. Das ist ihm aber wurscht. Die Tore wurden mit den Jahren als Profi dafür immer mehr. Weber ist 34 Jahre alt, mit 27 Toren viertbester Werfer bei der Handball-Europameisterschaft, als Flügel seit mehr als 15 Jahren Stütze im ÖHB-Team. "Das Spielen tut mir noch nicht weh", sagt Weber zum STANDARD.

Nach einer makellosen Vorrunde sind Österreichs Handballer in der Realität angekommen. Nach Niederlagen in der Hauptrunde gegen Kroatien (23:27) und Europameister Spanien (26:30) geht es am Montag gegen Deutschland. (20.30 Uhr, live ORF eins). "Das wird ein Handball-Fest", sagt Weber, "es ist immer etwas Besonderes, gegen den großen Bruder zu spielen." Es geht um eine Chance auf das Spiel um EM-Platz fünf in Stockholm. "Für uns ist das ein Finalspiel." In Deutschland herrscht Enttäuschung nach der 24:25-Niederlage gegen Kroatien. Die Chance auf das EM-Halbfinale ist so gut wie dahin, die Deutschen führten in der zweiten Hälfte bereits mit fünf Toren, schenkten den Sieg in der Schlussminute her. "Das tut einfach nur weh", sagte Flügel Uwe Gensheimer, "wir haben es nicht verdient zu verlieren nach so einer Leistung."

Robert Weber kennt den Gegner gut, spielt seit zwölf Jahren in der deutschen Handball-Liga, die bekanntlich die beste der Welt ist. "Sie sind in der Vergangenheit oft schlecht in ein Turnier gestartet, entwickeln sich dann zur Turniermannschaft. Man wird sehen, wie hoch ihre Motivation ist, das Spiel um Platz fünf zu erreichen."

Siebenter Streich

Weber ist der erste österreichische Handballer, der zum siebenten Mal an einem Großereignis teilnimmt. Mit 793 Toren rangiert er hinter Andreas Dittert (1089) und Viktor Szilagyi (907) als Nummer drei der ewigen Bestenliste. In der deutschen Bundesliga hat der Rechtsaußen als erst neunter Spieler mehr als 2000 Tore geworfen. Ohne das Hirn der Mannschaft (Nikola Bilyk) läuft für Österreich fast nichts, ohne Weber aber auch nicht viel. Deshalb ist das Aufatmen im heimischen Handball umso größer, dass der Vorarlberger seine Teamkarriere nach zwei frustrierenden Endrunden (Platz 18 bei der EM 2018, Platz 19 bei der WM 2019) nicht beendet hat, obwohl er Rücktrittsgedanken hatte. "Ich habe mit mir gehadert, ob ich weiterspielen möchte", sagt Weber, "aber jetzt bin ich froh, diese geile EM erleben zu dürfen." Weber hat 180 Länderspiele absolviert, die Veränderungen im Kader miterlebt. Das aktuelle Team ist "eine unbeschwerte Truppe, es wird weniger Karten gespielt, dafür mehr Playstation, aber das ist eine andere Generation. Ich bin gerne einer der Alten, lasse die Jungen in Ruhe." Gegen Spanien sah das Publikum in der Wiener Stadthalle einen untypischen Weber, der mehrere Chancen im Gegenstoß allein vor dem Tor vergab. "Vielleicht ist es die Kraft, die fehlt bei sieben Spielen in zwölf Tagen."

Die Erfolge mit dem Team genießt Weber ganz besonders. Mit seinem Klub Nordhorn-Lingen ist er Prügelknabe der deutschen Liga. Der Aufsteiger feierte nur einen Sieg in 20 Spielen, ist Letzter. Weber hat sich mit seiner Frau und seinem fünfjährigen Sohn in Deutschland eingelebt, würde auch im Fall des Abstiegs bleiben.

Mit Siegen gegen Deutschland und Weißrussland (Mittwoch) würde die Chance steigen, einen Platz in einem von drei Quali-Turnieren für die Spiele in Tokio zu ergattern. Deutschland ist als ein Ausrichter bereits gesetzt. Zwölf Teams spielen um Olympia-Medaillen. Weber: "Das ist weit weg, wir sind Außenseiter." (Florian Vetter, 20.1.2020)