Herta Kunerth, Jahrgang 1918, kandidiert neuerlich für den Gemeinderat von Perchtoldsdorf.

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Wien – Die Republik Österreich war noch nicht einmal einen Monat alt, als Herta Kunerth am 9. 12. 1918 auf die Welt kam. 101 Jahre später nimmt die Niederösterreicherin noch immer regen Anteil an der "res publica", der "öffentlichen Sache": Sie wird am 26. Jänner neuerlich für einen Platz im Gemeinderat ihrer Heimatgemeinde Perchtoldsdorf im Bezirk Mödling kandidieren.

Und zwar auf der Perchtoldsdorfer Bürgerliste, die sie selbst im Jahr 1985 unter dem Eindruck der Besetzung der Hainburger Au gegründet hat. Vorgezeichnet war ihr Weg in die Politik eigentlich nicht. Ihr Berufsleben verbrachte sie als medizinisch-technische Assistentin, in der Pension absolvierte Kunerth ein Psychologiestudium, das sie mit dem Doktortitel abschloss.

"Es geht nur um Lokalpolitik"

Was treibt einen Menschen nun aber dazu, mit 67 Jahren politisch tätig zu werden? Die Erfahrungen in Zwischenkriegszeit, austrofaschistischer und NS-Diktatur und Besatzungszeit hätten dabei keine Rolle gespielt, erklärt ihre Tochter Gabriele Wladyka, die mittlerweile die Bürgerliste anführt, nach Rückfrage bei ihrer Mutter. "Es geht nur um Lokalpolitik", sagt Wladyka.

Schwerpunkt der Tätigkeit sei es immer gewesen, den dörflichen Charakter der 15.000-Einwohner-Stadt im Süden Wiens zu erhalten und gegen Bausünden vorzugehen.

Durchaus mit Erfolg, betont Kunerths Tochter, die auch bei der Listengründung schon an Bord gewesen ist. "Als Erstes haben wir uns Baurechtsliteratur besorgt. Das Problem war nämlich, dass immer gesagt worden ist, es sei eh alles in Ordnung."

Amtsträger mussten weichen

War es nicht. "Ein Bauamtsleiter kam nach Anzeigen durch meine Mutter weg, zwei Baureferenten der ÖVP mussten ebenfalls zurücktreten", erinnert sich Tochter Wladyka. Auch der Bebauungsplan sei durch Gemeinderatsbeschluss restriktiver geworden.

Und das, obwohl Perchtoldsdorf weiter fest in ÖVP-Hand ist. Bei den Gemeinderatswahlen 2015 erreichte die ÖVP 58,81 Prozent. Die Bürgerliste kam auf 5,82 Prozent und zwei Mandate im Rathaus. Heuer erhofft man sich einen weiteren Sitz. Der in der Familie bleiben würde: Denn im Wahlvorschlag der Liste rangiert der Sohn von Herta Kunerth auf dem dritten Platz, auch Enkelkinder finden sich auf dem Vorschlag. Die Chancen für die 101-Jährige selbst, wieder in den Gemeinderat zu kommen, sind dagegen eher überschaubar: Sie kandidiert auf Platz sieben. (Michael Möseneder, 19.1.2020)