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Wien – Lehrerin Susanne Wiesinger hat am Montag verteidigt, dass sie noch während ihrer geplanten Amtszeit als "Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte" das Buch "Machtkampf im Ministerium" veröffentlicht hat. Den Vorwurf der ihr vom Ministerium zur Seite gestellten Beraterin Heidi Glück, sie sei "mehr Maulwurf als Ombudsfrau" gewesen, weist sie zurück – und will deshalb klagen.

Wiesinger wurde inzwischen vom Bildungsministerium freigestellt und ist dort nicht mehr Ombudsfrau für Wertefragen. Glück, einst Pressesprecherin von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer und Kanzler Wolfgang Schüssel (beide ÖVP) und nunmehr Kommunikationsberaterin, hatte Wiesinger auf Twitter vorgeworfen, sie habe das Vertrauen aller missbraucht, noch dazu werde der Titel ihres Buchs dem Inhalt nicht annähernd gerecht. "Es ist unanständig und desavouiert ihre eigene Arbeit. Sie hat ihre Rolle falsch verstanden, eher Maulwurf als Ombudsfrau."

Die langjährige NMS-Lehrerin und SPÖ-Lehrergewerkschafterin will das nicht auf sich sitzen lassen. Sie erwägt deshalb eine Klage wegen Ehrenbeleidigung. Die bestätigte Wiesingers Verlag Edition QVV von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz der APA. Auch die "Kronen Zeitung" berichtete am Montag von einer im Raum stehenden Klage.

Sie könne zwar nachvollziehen, dass man die Veröffentlichung des Buches im Bildungsressort als Vertrauensbruch empfindet, betonte Wiesinger am Montag im Ö1-"Morgenjournal". Als illoyal empfinde sie ihr Vorgehen dennoch nicht.

Immerhin habe sie den Abschlussbericht ihrer Arbeit als Ombudsfrau, in dem sie die Ergebnisse ihres Austauschs mit "sicherlich 1.100 Leuten" festhält, bereits im Dezember der damaligen Ministerin Iris Rauskala vorgelegt.

Regt auf: Susanne Wiesingers neues Buch.
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Message-Control

Den Weg der Buchveröffentlichung habe sie aufgrund der "Message-Control" des Kabinetts – der ihrem Empfinden nach "einflussreichsten Macht" in einem Ministerium – wählen müssen: "Ich wollte meine Tätigkeit als Ombudsfrau ganz erfüllen, und ich wusste, dass man das verhindert hätte", sagte Wiesinger in der "ZiB 2" vom Sonntag.

Als Beispiel für Inhalte, die sonst gefährdet gewesen wären, nennt sie Kritik von Praktikern an den umstrittenen, von der ÖVP eingeführten Deutschförderklassen. Wegen des aktuellen Lehrermangels müsse man schon froh sein, wenn man überhaupt jemanden finde, der in eine solche Klasse geht. Die Schulen seien außerdem mit ihren davor autonom entwickelten Modellen besser gefahren.

Bildungsminister Faßmann (ÖVP) ist über Wiesingers Vorgehen irritiert.
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Irritierter Minister

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) betonte am Montag seine Irritation über Wiesinger. Die in ihrem Buch erhobenen Vorwürfe wies er zurück. Bereits fertig ist Wiesingers Tätigkeitsbericht, er soll noch am Montag veröffentlicht werden.

Er habe in der Früh ein Gespräch mit Wiesinger, die er Anfang 2019 selbst ins Ministerium geholt hatte, geführt, sagte Faßmann. Er halte ihren Beitrag zum Aufzeigen von Problemen im österreichischen Schulsystem für wertvoll und danke ihr auch dafür.

Bildungsminister Heinz Faßmann hat Wiesinger einst selbst ins Ministerium geholt.
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Ombudsstelle weiterführen

Zu Wiesingers persönlicher Zukunft verwies Faßmann lediglich darauf, dass die Lehrerin nach wie vor formell Landesbeamtin in Wien sei. "Das ist sie auch weiterhin." Dienstrechtliche Konsequenzen werde es nicht geben. Von der "Kronen Zeitung" berichtete Gerüchte, dass von Ministeriumsseite Wiesinger mit einem lukrativen und hochrangigen Job im Ministerium quasi ruhiggestellt werden sollte, dementierte Faßmann. Diese Vorwürfe seien "nicht nachzuvollziehen".

Die Ombudsstelle will Faßmann jedenfalls weiterführen. Über eine künftige Besetzung konnte er noch keine Auskunft geben.

Irritation nicht gegen Person gerichtet

Die von ihm geäußerte Irritation richte sich nicht gegen Wiesinger als Person, sondern gegen die Vorgangsweise, betonte der Minister. Denn er sei mit einem fertigen Buch konfrontiert und von Wiesinger darüber im Vorfeld nicht informiert worden.

Vorwürfe Wiesingers, etwa dass Interviewantworten seitens des Kabinetts vorformuliert worden seien, wies Faßmann zurück: "Von mir wurden definitiv keine Antworten vorformuliert." Man habe lediglich versucht, der Ombudsfrau Assistenzfunktionen beiseitezustellen. "Das ist ganz anders empfunden worden, als es intendiert war." Faßmann selbst hatte Wiesinger in ihrem Buch aus ihrer Kritik allerdings explizit ausgenommen.

Gefragt, warum Heidi Glück Wiesinger als externe Beraterin zur Seite gestellt wurde, sagte Faßmann, die PR-Beraterin sei eine qualifizierte Persönlichkeit. Den von Glück gebrauchten Begriff des "Maulwurfs" für Wiesinger wollte Faßmann nicht verwenden. (APA, 20.1.2020)