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Mahnmäler für mehr als 8000 ermordete muslimische Buben und Männer in Potocari.

Foto: AP/Darko Vojinovic

Angehörige von Opfern des Massakers von Srebrenica haben vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg Beschwerde gegen den niederländischen Staat eingereicht. Die "Mütter von Srebrenica" werfen den niederländischen UN-Soldaten, die während des Bosnien-Kriegs in der Region stationiert waren, vor, hunderte muslimische Männer und Buben nicht ausreichend vor der Ermordung durch bosnisch-serbische Milizen geschützt zu haben.

Das Oberste Gericht der Niederlande hatte vergangenes Jahr geurteilt, dass die Niederlande nur "sehr begrenzte" Schuld am Tod der Menschen trügen.

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Niederländische Friedenstruppen im Juli 1995 im Dorf Potočari auf einem Panzer inmitten von Flüchtlingen aus dem nahe gelegenen Srebrenica.
Foto: AP

Erlaubnis der Blauhelme

In der Beschwerde geht es um die Mitverantwortung niederländischer UN-Soldaten am Tod von etwa 350 Jugendlichen und Männern, die sich direkt auf ihrem Stützpunkt aufgehalten hatten. Bosnisch-serbische Milizen hatten sie damals mit Erlaubnis der Blauhelmsoldaten aus dem Lager geholt, verschleppt und später getötet.

Das oberste niederländische Gericht hatte im Juli geurteilt, dass die niederländischen Blauhelmsoldaten eine geringe Teilschuld am Tod der Zivilisten trügen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Muslime in Sicherheit gewesen wären, hätten die niederländischen UN-Soldaten den bosnisch-serbischen Milizen nicht ihre Erlaubnis erteilt, bezifferten die Richter auf zehn Prozent.

Verstoß gegen Menschenrechtskonvention

Die Anwälte der Opfervereinigung nannten das Den Haager Urteil "vollkommen willkürlich". "Dem Obersten Gericht zufolge wären diese Männer wahrscheinlich in jedem Fall getötet worden, auch wenn sie auf dem Stützpunkt hätten bleiben dürfen", kritisierten die Anwälte Marco Gerritsen und Simon van der Sluijs am Montag. Es habe jedoch nie eine "Diskussion über die Überlebenschancen" der Menschen stattgefunden. Das sei ein Verstoß gegen das in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschriebene Recht auf ein faires Verfahren.

Das Massaker an etwa 8.000 muslimischen Buben und Männern in Srebrenica gilt als das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Insgesamt wurden während des Bosnein-Kriegs von 1992 bis 1995 mehr als 100.000 Menschen getötet und etwa 2,2 Millionen vertrieben. (APA, 21.1.2020)