Eine Ordination zu betreiben stellt viele Ärzte vor eine finanzielle Herausforderung.

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Wien – Österreich holt sich für die geplanten Primärversorgungseinheiten (PVE) im Bereich der niedergelassenen Ärzte einen finanziellen Anschub aus Brüssel. Sozial- und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) unterzeichnete einen Vertrag mit der Europäischen Investitionsbank (EIB), durch den – in Kooperation mit heimischen Banken wie Erste Bank, Ärzte- und Apothekerbank sowie der Volksbank – insgesamt 360 Millionen Euro an Krediten zinsbegünstigt werden.

Die Zahl der PVE, in denen Ärzte und andere Gesundheitsberufe zusammenarbeiten, soll damit bis Ende 2021 von 17 auf 75 erhöht werden. Gründungswillige Ärzte, die einen entsprechenden Kassenvertrag in Aussicht haben, bekommen durch die Unterstützung der EIB (sie steuert 180 Millionen Euro bei) günstigere Fixzinsen, längere Kreditlaufzeiten und einen tilgungsfreien Startzeitraum.

"Wunderbare Chance"

Anschober sprach von einer "wunderbaren Chance" für Jungärzte. An diesen liege es nun, das Angebot zu nutzen. Dem Abkommen gingen lange Vorbereitungen voraus, gut zwei Jahre lang hatte das Ministerium daran gearbeitet. Die Ärzte- und Apothekerbank (in Kooperation mit der Volksbank) gibt die erwarteten Investitionsvolumina pro PVE mit vier Millionen Euro aufwärts an, sofern ein Primärversorgungszentrum auf der grünen Wiese (inklusive Grunderwerb) neu gebaut wird.

EIB-Vizepräsident Andrew McDowell sieht das Projekt in Einklang mit den Zielen, die man als Bank der Europäischen Union hier verfolge, nämlich einen effizienten Zugang zu sicheren und bezahlbaren Gesundheitsleistungen anzubieten. In Irland sei ein entsprechendes Modell erfolgreich gewesen: Man habe innerhalb von sechs Jahren die Zahl der PVE von einigen wenigen auf 80 erhöht (insgesamt sollen es 150 werden), die Spitalsambulanzen entlastet und auch die Arbeitsbedingungen der Allgemeinmediziner verbessert.

Nicht zu teuer, sondern zu kompliziert

Die Neos sehen die EIB-Kofinanzierung kritisch. "Wer glaubt, die geringe Zahl an Primärversorgungszentren läge an zu teuren Krediten, der hat überhaupt nichts verstanden", so Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Das große Problem seien vielmehr die unattraktiven Rahmenbedingungen für Gesundheitszentren. "Die Ärzte müssen solch ein Zentrum betreiben, wie es der Kasse und der Ärztekammer passt, nicht wie sie es als Freiberufler und Unternehmer selbst gestalten würden." Auch die Vergütung der Leistungen sei nicht mehr zeitgemäß, sagt Loacker. Was die Mediziner benötigten, seien flexible Möglichkeiten der Zusammenarbeit und unternehmerische Freiheit. (APA, red, 21.1.2020)