Während in den USA, angetrieben von Techgrößen wie Google, Tesla und Co, ein regelrechtes Wettrennen um autonome Fahrzeuge entbrannt ist, holen chinesische Firmen wie Pony.ai unaufhaltsam auf. Das erst im Dezember 2016 gegründete Unternehmen mit Firmensitzen in Peking, Guangzhou, aber natürlich auch dem Silicon Valley hat nicht einmal ein halbes Jahr nach Markteintritt seinen ersten autonomen Prototyp präsentiert. Wenige Monate später folgten auch schon erste Lizenzen für Tests auf offener Straße – auch in Peking.

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Seit knapp zwei Jahren befördert die Firma in Nansha und Guangzhou ausgewählte Freunde und Familien von Firmenmitarbeitern per Gratis-Taxi auf einer Fläche von rund 100 Quadratkilometern. 30 Autos zählt die dortige Flotte derzeit in etwa. Noch sitzt ein Mitarbeiter hinter dem Steuer, der jederzeit eingreifen könnte, doch schon bald könnte er weichen.

Wie auf einem BBC-Video von Stephen Beckett, der den autonomen Fahrservice testen durfte, zu sehen ist, musste dieser aber auch bei brenzligen Situationen wie einem entgegenkommenden Fahrradfahrer auf der falschen Seite nicht eingreifen. Unabhängige Zahlen über etwaige Unfälle sind jedoch nicht verfügbar.

Unsicherheitsfaktor Mensch

Die selbstfahrenden Fahrzeuge an sich seien nicht das Problem, so Firmenchef James Peng. Es sind irrational agierende Menschen, die den Straßenverkehr erst so richtig komplex machen würden. Peng selbst war vorher Chef von Baidu, dem chinesischen Google-Äquivalent.

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Die Technik, die autonomes Fahren ermöglicht, steckt bei Pony.ai hauptsächlich im Aufbau auf dem Dach.
Foto: REUTERS/Yuyang Wang

Ning Zhang, der Technikchef von Pony.ai, sieht die unberechenbareren und teils auch kurioseren Zustände auf chinesischen Straßen dabei als großen Vorteil für die Firma. So sei ein Kilometer auf chinesischen Straßen vom Lernerfolg her etwa so wertvoll wie zehn Kilometer auf einer US-Straße.

Durch die Häufung sogenannter Grenzfälle sieht sich die Firma im Vorteil, in hektischen Wachstumsmärkten wie Indien, Afrika oder China besser bestehen zu können. Im Firmenziel ist jedoch klar definiert, dass man global auf allen Märkten bestehen möchte. Wer am schnellsten die meisten Grenzfälle erlebt, bewältigt und daraus die nötigen Lernerfolge erzielt, wird sich einen entscheidenden Vorsprung im Rennen um Autonomie im Straßenverkehr sichern können. Die Millionen-Investitionen und Kooperationen großer Autohersteller wie Toyota und Hyundai sprechen jedenfalls dafür, dass Pony.ai den Durchbruch schaffen könnte.

Auch dass China dazu tendiert, Firmen oft erst einmal in ihren Innovationen relativ viel Spielraum zu geben und Regularien oft erst später einführt, dürfte Pony.ai zusätzlich in die Hände spielen. (faso, 21.1.2020)