Antonella Mei-Pochtler startet einen neuen Anlauf mit der Denkfabrik "Think Austria".

Foto: Gilbert Novy

Wien – Das Nachdenken über die Zukunft will Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nicht allein der neuen türkis-grünen Regierung überlassen und belebt ein Projekt aus dem Jahr 2018 neu: die Denkfabrik "Think Austria". Übergangskanzlerin Brigitte Bierlein hatte für den Klub der Denker keine Verwendung und stellte ihn kurzerhand ein.

Die alte neue Leiterin von Think Austria, Antonella Mei-Pochtler, zeigt Verständnis dafür: "Die Aufgabe dieser Regierung war die Administration und nicht der Weitblick in die Zukunft", sagte sie am Dienstag bei einem Pressegespräch. Vor etwa einer Woche wurde die Denkfabrik offiziell in die zweite Runde geschickt. Mei-Pochtler leitet den Thinktank heute wie damals ehrenamtlich, bekommt nur ihre Auslagen und Aufwendungen ersetzt. Überdies werden vier Mitarbeiter beschäftigt.

Angedachte Schwerpunkte

Worüber wird nachgedacht? Die ehemalige Chefin der Boston Consulting Group skizziert Schwerpunkte wie die digitale sowie ökologische Transformation in Sachen Klima und Industrie, geopolitische Veränderungen, das Zusammenleben von Mensch und Maschine oder die Zukunft der Arbeitswelt. Besonders unterstreicht sie das von ihr selbsternannte Lieblingsthema, das Weltall, mit demselben Wording wie unter der Vorgängerregierung. Österreich liefere viele Komponenten für Weltraumtechnologie. Auch dort könne ein "kleines, schlaues Land eine Rolle haben". So weit ein grober Umriss der Themen.

In einem Beirat, einem sogenannten Sounding-Board, scharte die Sonderbeauftragte im Kanzleramt prominente Namen um sich, darunter Ex-Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon, die Chefin des Jüdischen Museums in Wien, Danielle Spera, oder Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner. Das Ziel lautete, Österreich in den internationalen Rankings nach vorn zu bringen.

Dass der Thinktank nun unter Türkis-Grün und nicht mehr wie ursprünglich unter Türkis-Blau agiert, soll sich der Leiterin zufolge nicht auf die Arbeitsweise auswirken. Die thematische Schwerpunktsetzung verändere sich dadurch allerdings schon.

Same same but different

Viele der Köpfe würden wieder dabei sein, man stecke aber noch in den Vorbereitungen, für konkrete Namen sei es zu früh. Fest steht jedoch eine Änderung des Modus Operandi. "Die thematischen Boards werden kleiner und mit mehr Fachexperten besetzt. Daraus leiten wir Handlungsempfehlungen für die Regierung ab", erklärt Mei-Pochtler. Wichtig sei es, bestehende Systeme zu verstehen und Zukunftsoptionen gegenüberzustellen.

Mei-Pochtler bringt ein Beispiel aus der Finanzwelt: Erste-Group-Chef Andreas Treichl liefert Inputs aus dem bisherigen System, Wirecard-Gründer Markus Braun hat einen fundierten Blick in die Zukunft.

Was bisher geschah

In der Vergangenheit hat der Thinktank Mei-Pochtler zufolge stark als Vernetzungsplattform agiert. Zu 50 Organisationen aus der ganzen Welt habe man Kontakt aufgebaut, sich mit 35 intensiv ausgetauscht. Das diene dazu, um Best-Practice-Beispiele anderer Nationen zu verstehen und zu überlegen, wie sich deren Ansätze und Lösungen adaptieren ließen. Überdies habe man an "Masterplänen" zur Digitalisierung der Bildung und der Forschungs- und Technologiestrategie mitgearbeitet ebenso wie dem Afrikaforum.

Die Kosten für den Thinktank für 2018 beliefen sich auf rund 247.000 Euro, für die ersten beiden Monate 2019 auf 48.000 Euro. (Andreas Danzer, 22.1.2020)