Putin will die politische Architektur eilig umbauen.

oto: AFP/MacDougall

Putin verschwendet keine Zeit: Während die Duma gerade erst eine Arbeitsgruppe zur Erarbeitung der Verfassungsreform gegründet und mit so anerkannten "Rechtsexperten" wie der Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa, dem Schauspieler Wladimir Maschkow, dem paramilitärischen Schriftsteller Sachar Prilepin, Kosakenataman Nikolai Doluda oder dem Exarmeegeneral und heutigen Chef des Kriegsveteranenverbands "Gefechtsbrüderschaft" Boris Gromow besetzt hat, hat der Präsident bereits seine Änderungsvorschläge in die Duma eingebracht. Insgesamt 22 Artikel will der Kremlchef umschreiben lassen. Neben der Hinzufügung einiger sozialer Garantien betreffen die Änderungen großteils den Umbau des politischen Systems. Dabei erinnert die Initiative teilweise noch an eine Skizze.

Klar scheint, dass die Anforderungen an den künftigen Präsidenten steigen – er muss mindestens die vergangenen 25 Jahre in Russland gelebt haben und darf in der Vergangenheit weder eine fremde Staatsbürgerschaft noch eine Aufenthaltserlaubnis besessen haben. Gleichzeitig beendet Putin den Trick mit der Wiederkehr in den Kreml, indem er die maximale Anzahl von zwei Amtszeiten in die Verfassung festschreiben lässt. Bisher waren es "zwei Amtszeiten hintereinander".

Machtverteilung

Klare Vorstellungen hat er auch bezüglich der Hoheit des russischen Gesetzes über internationale Verträge. Offen bleibt hingegen, wie er die Balance zwischen Exekutive, Legislative und Judikative regulieren will. Deutete zunächst vieles auf eine Beschneidung der präsidialen Gewalt hin, so sind inzwischen immer mehr Zweifel angebracht. Die Duma kann zwar den Premier und einen Teil der Minister bestimmen. Der ganze Block der Sicherheitsorgane – darunter auch Innen- und Verteidigungsminister – bleiben aber wohl unter präsidialer Verfügungsgewalt.

Die größte Intrige entspinnt sich um den Staatsrat, den Putin vor 20 Jahren als beratendes Organ gründete. Nun wird in der Verfassung festgeschrieben, dass er "die Hauptrichtungen der Innen- und Außenpolitik Russlands sowie die prioritären Richtungen der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung des Landes" festlegt. Damit kommt dem Staatsrat künftig eine gewaltige Bedeutung zu.

"Prioritäre Behandlung"

Spekuliert wurde daher, dass sich Putin dort eine Art Rückzugsposten gesichert hat, über die er weiterhin die Politik in Russland kontrollieren kann. Tatsächlich hält die geplante Verfassungsänderung hierzu nicht fest, dass der Leiter des Staatsrats automatisch (wie bisher) Präsident sein muss. Doch wie die Kompetenzen und die Zusammensetzung des Rats aussehen werden, lässt sich nicht abschließend beurteilen. Dies soll später in einem Gesetz festgehalten werden.

Bereits am Donnerstag wird die Duma über Putins Gesetzesinitiative beraten. Im Februar soll dann die zweite und möglicherweise auch schon die dritte Lesung und Verabschiedung erfolgen. Putins Sprecher Dmitri Peskow begründete die Eile folgendermaßen: "Alle Initiativen des Staatschefs werden mit großer Aufmerksamkeit aufgenommen und prioritär behandelt." Das sei nun einmal so in Russland. Es gebe keine Vorgaben zu konkreten Daten, "aber auf die lange Bank schieben werden wir es nicht", fügte er hinzu. Dem Vernehmen nach soll das Referendum zur Verabschiedung bereits am 12. April stattfinden. (André Ballin aus Moskau, 21.1.2020)