Zur Begrüßung des US-Präsidenten hatte das Weltwirtschaftsforum eigens eine traditionelle Musikertruppe aufgeboten. Als die Melodien der Bergler verklungen waren, ließ Forum-Chef Klaus Schwab seinen spröden Charme aufblitzen. Hier in den Schweizer Alpen habe man "den besten Sonnenschein" extra für den US-Präsidenten arrangiert, versicherte Schwab. Doch der hohe Gast aus Washington ließ sich von den Nettigkeiten nicht sonderlich beeindrucken.

ORF

Donald Trump war am Dienstagmorgen in Davos eingeflogen. Auf dem Weltwirtschaftsforum, wo fast alle anderen 3.000 Teilnehmer den internationalen Teamgeist predigen, sollte Trump zum Auftakt des 50. Jahrestreffens sprechen. Mit grimmiger Miene baute sich Trump im Kongresszentrum auf. Dann legte er eine Rede hin, die einerseits in ihrer Schlichtheit, andererseits in ihrer Anmaßung neue Maßstäbe setzte. Beim Zuhören bestätigte sich schnell ein Verdacht: Der US-Präsident präsentiert sich vor dem internationalen Publikum als Wahlkämpfer in eigener Sache. Die "Special Address" zielte auf das heimische Publikum in den USA, das Trump beim Urnengang im November eine zweite Amtszeit im Weißen Haus bescheren soll. Mit ihm, Trump, gewinne Amerika "wie niemals zuvor", lautete das Credo.

In Trumps Rede ging es vor allem um einen: Trump.
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Der Milliardär spannte einen denkwürdigen Bogen. Er pries seine "spektakuläre" Wirtschaftspolitik, er beschwor die "göttliche Schöpfung", die er bewahren wolle, und er huldigte den Wunderwerken des alten Europas wie dem Dom zu Florenz, die ihn inspirieren. Letztlich ging es aber nur um Trump. Und Trumps Erfolge. Allesamt einmalig.

Seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren brummten die Aktienmärkte, habe die US-Wirtschaft sieben Millionen Jobs hinzugewonnen, sei die Arbeitslosigkeit auf ein Rekordtief gesackt. Und von dem einmaligen wirtschaftlichen Aufschwung profitierten alle Gesellschaftsschichten, alle Minderheiten, alle Benachteiligten: von Schwarzen bis zu alleinerziehenden Müttern. Das alles sagte Trump.

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Davos präsentierte sich für Trump im "besten Sonnenschein".
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Prügel für Obama

"Es gibt keinen besseren Ort auf der Erde als die USA." Das gelte natürlich erst, seitdem er das Ruder übernommen habe. Auf seine Vorgänger als US-Präsident, insbesondere Barack Obama, prügelte Trump immer wieder ein. Vor Beginn der Trump-Ära habe in den USA eine Fabrik nach der anderen geschlossen, seien die nationalen Handelsinteressen verraten worden und Energie von den Feinden importiert worden.

Auf das große Thema des Weltwirtschaftsforums, den Kampf gegen den Klimawandel, kam Trump nur kurz zu sprechen. Er sprach zwar von Förderungen erneuerbarer Energien und der Pflanzung neuer Bäume. Besonders aber wandte er sich gegen die "Untergangspropheten". Damit meinte er wohl Aktivisten wie die junge Schwedin Greta Thunberg, die einen mutigen Klimaschutz verlangen.

Greta Thunberg saß bei Trumps Rede im Publikum.
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Die 17-jährige Greta saß laut Beobachtungen Schweizer Medien unter den Zuhörern. Ihre Reaktion ließ zunächst auf sich warten. Der Vorsitzende der deutschen Grünen, Robert Habeck, jedoch sprach Klartext: Trumps Rede sei "ein einziges Desaster" gewesen. "Nur Selbstlob und Ignoranz." Der US-Präsident habe "keine Wahrnehmung für globale Probleme".

Treffen mit Macron

Neben Wahlkampfreden hat der US-Präsident in Davos auch einige Termine zu absolvieren. Am Mittwoch dürfte sich Trump mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron treffen, um sich auf einen gemeinsamen Plan zur Besteuerung großer Digitalkonzerne zu einigen. Die USA hatten Frankreich im Dezember mit Strafzöllen gedroht, weil Paris 2019 eine nationale Digitalsteuer eingeführt hatte, die hauptsächlich große US-Konzerne wie Google oder Facebook trifft.

Auch Österreichs Finanzminister Gernot Blümel äußerte sich am Dienstag in Brüssel zur EU-weiten Digitalsteuer: Es gehe darum, große Konzerne zu besteuern, die in Europa Geschäfte machen, aber keine Beiträge leisten, was nicht gerecht sei. "Dabei unterstützen wir Frankreichs Position gegenüber den USA", betonte der ÖVP-Politiker bei einem Ratstreffen. (Jan Dirk Herbermann aus Genf, 21.1.2020)