Will man tonnenschwere Jets in die Luft bekommen, braucht man große Mengen energiereichen Kerosins. Nun ist Treibstoff zum Hoffnungsträger geworden.

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"Business-Class verbannen", József Váradi brachte jüngst die Nachricht nach Wien mit, ab Sommer noch mehr Flüge anzubieten. Der Chef der ungarischen Wizzair hatte auch einen Beitrag zur Klimadebatte im Gepäck: Die Business-Class gehöre verboten – zumindest auf Kurz- und Mittelstrecken. Der CO2-Abdruck sei doppelt so hoch wie in der Economy-Class. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt: Über Business-Class verfügen Billigcarrier nicht. Die alteingesessene Konkurrenz in Wien dagegen schon.

Die Forderung nach dem Verbot ist eine unverblümte Botschaft an die Regierung, die mit der neuen Ticketabgabe Billigairlines nach deren Ansicht bestraft. Ab 2021 wird sie auf zwölf Euro vereinheitlicht. Kurz- und Mittelstrecke werden teurer, die Langstrecke günstiger. Ob dies die Low-Cost-Carrier bremsen wird, ist offen. Im Vorjahr steigerten sie ihren Marktanteil in Wien signifikant auf knapp ein Drittel.

Keine neuen Slots

Wie sich die Passagierzahlen heuer entwickeln werden, ist laut dem Vorstand des Wiener Flughafens noch nicht abzusehen – zumal erstmals in der Geschichte in den Spitzenzeiten keine neuen Slots (An- und Abflugrechte) vergeben werden können. Auch das wird die Billigairlines treffen. Lauda und Wizz, die keine Langstrecke anbieten, fühlen sich schon von der Ticketabgabe bestraft. "Wir haben 40 Prozent weniger Treibhausgasausstoß je Passagier als die AUA", rechnet Wizz-Chef Váradi vor. Klimaschutz ist jedenfalls ein heißes Thema. Auch wenn der Anteil des kommerziellen Flugverkehrs am globalen CO2-Ausstoß seit Jahren bei rund drei Prozent liegt, kommt kein Airline-Chef daran vorbei zu erklären, wie er es damit hält. Steuerbefreites Kerosin, ermäßigte Umsatzsteuer auf Flugtickets, Bevorzugung beim Emissionshandel, die Liste an Kritikpunkten ist lang. Ideen, wie man dem Klimaproblem zu Leibe rücken sollte, gibt es viele: Inlandsflüge verbieten, CO2-Steuer, Aus für Steuerbefreiung von Kerosin.

In der Klimadebatte wird aber plötzlich auch Stroh zu Gold. Gebühren für Gepäck an Bord? Gut fürs Klima, denn jedes Gramm zu viel zählt. Kaum Beinfreiheit, weil die Bestuhlung so eng ist? Je besser gefüllt ein Flugzeug ist, umso besser fürs Klima. Wizz und Lauda-Mutter Ryanair führen ins Treffen, dass ihre Airlines besonders gut ausgelastet seien.

Effizienter Energieeinsatz

Ein Argument, das Holger Friehmelt, Luftfahrtexperte an der FH Joanneum, teilt: "Wenn in einem tonnenschweren E-Auto nur eine Person sitzt, ist das nicht nachhaltig – genauso wenig wie ein fast leerer, mehrere Hunderte Tonnen schwerer ÖBB-Zug. Ein voll besetztes Flugzeug führt seine Transportaufgabe effizienter aus, was den Energieeinsatz pro Passagier anbelangt." Tatsächlich verbrauchen die vergleichsweise neuen Maschinen von Wizz und Ryanair 30 Prozent weniger Kerosin als so manch Vogel, den die AUA einsetzt. Auch Friehmelt hält von einer höheren Ticketabgabe wenig.

Technologisch sieht er in synthetischen Treibstoffen das größte kurzfristige Potenzial, negative Umweltauswirkungen zu reduzieren. Ein Feld, an dem zwar geforscht wird, verfügbar sind diese künstlich hergestellten Treibstoffe in Pilotprojekten. Deswegen sind sie um ein Vielfaches teurer. Vereinfacht gesagt wird bei diesen Treibstoffen etwa Kohlenstoff aus dem Biomasseanbau oder aus der Luft in einer Raffinerie durch verschiedene Prozesse zu Kraftstoff umgewandelt. Deshalb führe das nicht zu höheren CO2-Emissionen, so das Pro-Argument.

Mit Vorsicht zu genießen

Umweltschützer und Mobilitätsexperten wie Greenpeace oder der VCÖ sehen das Thema alternative Treibstoffe mit Vorsicht. Jasmin Duregger von Greenpeace betont den schlechten Wirkungsgrad und den hohen Stromverbrauch. Womit das alte Dilemma bleibe: Strom ist nur gut, wenn er aus Erneuerbaren kommt.

Der heimische Luftfahrtverband begrüßt es, dass synthetisches Kerosin im Regierungsprogramm als Forschungsschwerpunkt verankert ist. Die Einnahmen aus der Ticketabgabe sollte man dafür zweckwidmen, plädiert Peter Malanik, Präsident des Luftfahrtverbands. Dass die Sache Zukunftsmusik ist, räumt er ein. 2018 wurden 0,1 Prozent des Flugkraftstoffbedarfs aus sogenannten Sustainable Aviation Fuels produziert. Für Greenpeace-Expertin Duregger führt aber kein Weg daran vorbei, das Mobilitätsverhalten zu ändern. "Die Priorität liegt auf Vermeiden." (Regina Bruckner, Claudia Ruff, 22.1.2020)