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Das Oberlandesgericht hat die Hausdurchsuchungen rund um die Causa Postenschacher für rechtsmäßig erklärt.

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Wien – Die Hausdurchsuchungen in der Causa Postenschacher rund um die teilstaatliche Casinos Austria AG und die dabei erfolgten Beschlagnahmen waren rechtlich in Ordnung. Die gerichtliche Bewilligung der Maßnahmen sei zulässig und verhältnismäßig gewesen. Zu diesem Schluss kommt das Oberlandesgericht (OLG) Wien, das über die Beschwerden Betroffener, darunter jene des früheren Vizekanzlers Heinz-Christian Strache (aus der FPÖ ausgeschlossen), entschieden hat.

Das OLG hat geprüft, ob ein ausreichender Anfangsverdacht vorlag, und dafür die anonyme Anzeige geprüft, auf deren Basis die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) rund um die sogenannte Causa Postenschacher in der Casinos AG (Casag) zu ermitteln begonnen hat. Diese sei "extrem detailliert", von einer substanzlosen Racheaktion eines Mitbewerbers oder anderer Missgünstiger sei nicht auszugehen, befand das Oberlandesgericht. "Der Inhalt der Anzeige sei glaubwürdig und plausibel", hieß es in einer Aussendung des OLG am Mittwochvormittag. Die Beschuldigten hatten sich auch über Rufdatenerfassungen beschwert, aber die sind laut OLG ebenso zulässig wie die Hausdurchsuchungen.

Zuvor war die OLG-Entscheidung den Anwälten der Betroffenen zugestellt worden. Neben Strache zählen auch der frühere FPÖ-Politiker Johann Gudenus, der frühere Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP), Ex-Finanzminister Hartwig Löger und der Aufsichtsratspräsident der Casinos, Walter Rothensteiner (beide der ÖVP zuzurechnen), zu den Beschuldigten.

Bestechungsvorwurf

Die WKStA ermittelt seit vorigem Frühjahr rund um die Vorstandsbestellung im Glücksspielkonzern Casag, damals war der ehemalige FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo zum Finanzvorstand gemacht worden. Der Verdacht, der sich zunächst aus anonymen Anzeigen bei der WKStA ergab: Rund um die Bestellung Sidlos per Mai 2019 soll es zu illegalen Absprachen zwischen Casag-Aktionär Novomatic und der FPÖ gekommen sein. Der Novomatic, deren Vorstandschef Harald Neumann und Eigentümer Johann Graf ebenfalls zu den Beschuldigten gehören, soll die parteiische Vergabe von Glücksspiellizenzen in Aussicht gestellt worden sein. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.

Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache hatte politische Willkür der Justiz ins Treffen geführt.
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Strache wehrt sich

Strache argumentierte in seiner Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung sinngemäß, dass es sich bei dem Casinos-Deal gar nicht um ein Amtsgeschäft gehandelt habe, also könne auch kein Bestechlichkeitstatbestand angenommen werden. Der in den Casinos-Vorstand geholte Freiheitliche Sidlo sei nicht in den Genuss eines Vorteils gekommen, er habe ja für sein Geld gearbeitet und somit Leistungen erbracht. Außerdem sei die anonyme Anzeige, die zum Ermittlungsverfahren geführt habe, nicht plausibel und die Datensicherstellung unverhältnismäßig gewesen, da sie nicht zeitlich begrenzt worden sei.

Handys beschlagnahmt

Und was genau war geschehen? Am 12. August bekamen die ersten Beschuldigten überraschend Besuch von den Ermittlern. Die führten Hausdurchsuchungen bei Strache, Gudenus und Neumann durch. Beschlagnahmt wurden dabei auch die Handys der Betroffenen – später wurden diverse Protokolle über Whatsapp-Chats bekannt, in denen sich Beschuldigte wie Sidlo und Gudenus ("Hallo Joschi") über die Casinos unterhielten und in denen es um die Postenvergabe an Sidlo ging.

So schrieb etwa der damalige Vizekanzler der türkis-blauen Regierung, Strache, an den damaligen Finanzminister Löger: "Lieber Hartwig, herzlichen Dank für deine Unterstützung bezüglich Casag! Liebe Grüße, H.-C." Der Minister antwortete mit dem Emoji "Daumen hoch" – was er später damit erklären sollte, er habe damit signalisieren wollen: "Gib a Ruh."

Zweite Razzia-Welle

Drei Monate später kam es zur zweiten Welle. Am 12. November durchsuchten die Ermittler zum Beispiel die Wohnung von Ex-Minister Löger, der, wie er sagte, damit schon gerechnet hatte. Es gab freiwillige Nachschauen bei Casag-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner (daheim und in seinem Büro in der Raiffeisenbank International), bei Aufsichtsratsvizechef Josef Pröll und – im Rahmen eines Amtshilfeersuchens ans Finanzministerium – im Ministerium.

Strache bezeichnete die Hausdurchsuchung damals als "Farce und politische Willkür". Kritiker der WKStA äußerten – wohlgemerkt: sinngemäß – den Vorwurf, es reiche, jemanden anzupatzen, und schon gebe es Hausdurchsuchungen.

Der Fall BVT wurde in einem parlamentarischen U-Ausschuss bearbeitet. Auch einen Casinos-Ausschuss wird es geben.
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WKStA-Erfolg nach BVT-Flop

Das Gericht hat die Hausdurchsuchungen im Sommer und Herbst allerdings bewilligt, die WKStA sprach von einem "gravierenden Tatverdacht" aus der anonymen Anzeige und äußerte zudem die Befürchtung, dass die Beschuldigten "beweisrelevante Gegenstände und Daten vernichten oder beiseiteschaffen" könnten.

Das Oberlandesgericht Wien hat die gerichtliche Bewilligung der Hausdurchsuchungen nun also abgesegnet, das Verfahren geht weiter. Gewehrt haben sich die Beschuldigten auch gegen die "Sicherstellung von Gegenständen", da geht es vor allem um die Handys und Datenträger. Über die Einsprüche dagegen hat das OLG aber nicht zu entschieden, dafür ist das Landesgericht Wien zuständig.

Für die Behörde ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts nach dem peinlichen Flop bei der Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) von großer Bedeutung: In dem Fall hat das OLG Wien die gerichtliche Bewilligung der Razzia für größtenteils rechtswidrig erklärt. (Renate Graber, 22.1.2020)