Facebooks Digitalwährung Libra gerät immer mehr in die Bredouille. Die meisten großen Kooperationspartner sind bereits abgesprungen.

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Mit breiter Brust präsentierte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg seine Pläne für 2020 und die hauseigene Digitalwährung Libra. Er will offenbar um jeden Preis an dem Projekt festhalten, selbst wenn dieses langsam zu zerbröckeln droht. Die Liste jener Firmen, die aus dem Projekt aussteigen, wird immer länger. Den Anfang machten die großen Finanzdienstleister Mastercard, Visa und Paypal. Es folgten die Handelsplattform Ebay und die Online-Reisefirma Booking Holdings.

Zuckerberg reagierte schmerzbefreit. Am Mittwoch setzte es den nächsten Rückschlag. Vodafone wendet sich ab. Der britische Telekommunikationsriese will sich aber offenbar alle Optionen offenhalten.

Fokus auf eigenes Projekt

Aktuell wolle sich der Konzern auf das Geldüberweisungssystem M-Pesa konzentrieren, erklärte ein Sprecher. Das von Vodafone mitgegründete M-Pesa ist vor allem in Afrika stark und bereits in sechs Staaten des Kontinents aktiv. Eine Kooperation zu einem späteren Zeitpunkt wollen die Briten allerdings nicht kategorisch ausschließen.

Facebook heftet sich auf die Fahnen, mithilfe von Libra Millionen Menschen Zugang zur Finanzwelt zu ermöglichen. Das will Vodafone auch, aber offenbar nicht mehr mit Libra: "Wir halten an dem Ziel der finanziellen Inklusion fest, glauben aber, mit M-Pesa eine größere Wirkung erzielen zu können", sagt der Sprecher.

Viel Gegenwind

Von Anfang an stieß Facebook respektive die in der Schweiz angesiedelte Libra Association, die die Digitalwährung verwaltet, auf ganz wenig Gegenliebe. Regierungen und Notenbanken fürchten um ihre Währungssouveränität und laufen gegen Libra Sturm.

"Die jüngsten Hearings im Kongress liefen für Zuckerberg nicht gut, das verlangsamt den Fortschritt von Libra deutlich", sagt Analyst Mati Greenspan im Gespräch mit dem STANDARD. Er vermutet, die großen Unternehmen ziehen sich eben wegen des großen Widerstands der Politik von dem Projekt zurück. Überdies ortet er Druck im Hintergrund: "Dieses Experiment zu starten hätte für niemanden einen wirklichen Nachteil. Vermutlich wird oder wurde Druck auf die Konzerne ausgeübt, von dem die Öffentlichkeit nichts mitbekommt."

Von den ganz großen Namen halten der Musikstreaming-Marktführer Spotify und die Fahrdienstvermittler Uber und Lyft Facebook noch die Stange.

Wachgerüttelt worden sein dürften Notenbanken und Staaten vom Facebook-Experiment aber dennoch. Rund um den Globus spielen Währungshüter zurzeit Szenarien durch, welche Möglichkeiten Cyberwährungen bieten könnten.

Digitaler Euro der EZB

Die neue Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, fordert aktiven Einsatz der Notenbanken bei der Entwicklung neuer Systeme. Währungshüter räumen ein, dass das bestehende Zahlungssystem gravierende Mängel hat – etwa bei grenzüberschreitenden Zahlungen. Geldtransfers über Landesgrenzen hinweg sind oft langsam, teuer und auch fehleranfällig.

Auf der Blockchain basierende Kryptowährungen wie Bitcoin haben diesbezüglich gezeigt, dass es auch anders geht. Mit der Technologie sind zwischengeschaltete Intermediäre wie Banken oder Notenbanken praktisch nicht mehr notwendig.

Deshalb denkt die EZB über die Ausgestaltung eines digitalen Euros für alle nach. Die Neuerungen haben das Potenzial, das Bankgeschäft umzupflügen, wie der französische Zentralbankchef François Villeroy de Galhau warnt. "Auf dem Spiel steht unsere Währung selbst." (Andreas Danzer, 22.1.2019)