Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) plädierte für freien Meinungsaustausch an den Unis ...

Foto: APA/ROBERT JAEGER

... Eva Blimlinger (Grüne) schoss sich auf Rechtsextreme ein.

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Von der Dramaturgie her war der Termin seitens der FPÖ nicht optimal gewählt. Im Unterschied zu vergangener Woche ging die Vorlesung des FPÖ-nahen Geschichtsprofessors Lothar Höbelt am Dienstagnachmittag ohne Blockaden, Proteste und Scharmützel über die Bühne. Auf die vorbereiteten Floskeln gegen den "antifaschistischen Mob", "totalitäre Tendenzen" und "linksextremistische Umtriebe" wollte der blaue Klubobmann Herbert Kickl dennoch nicht verzichten. Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) hätte ob der Vorfälle an der Uni Wien längst laut aufschreien müssen, so Kickl.

Schreien ist jedoch nicht unbedingt Faßmanns Metier. Mit ruhigem Ton referierte er im Plenum aus dem Staatsgrundgesetz: "Die Wissenschaft und Forschung ist frei." Studierende hätten zwar das Recht, Lehrmeinungen zu kritisieren, aber sie hätten nicht zu entscheiden, ob eine Lehrveranstaltung stattfinden dürfe. Es müsse möglich sein, dass Höbelt seine Vorlesung zur Zweiten Republik abhalte. Für den deutschnationalen Historiker musste sogar – ausgerechnet – das Wort eines Franzosen herhalten: "Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen", zitierte Faßmann den Aufklärer Voltaire. Wobei Faßmann gar nicht beurteilen kann, ob er Höbelts Meinungen teilt. Dafür kenne er dessen Auffassungen zu wenig, sagte er dem STANDARD. Es sei wichtig, dass man in einem rationalen wissenschaftlichen Austausch jede Position anhöre. Auch Protestaktionen an der Uni seien in Ordnung, solange sie nicht die Lehre behinderten.

Die Wissenschaftssprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, selbst Historikerin und Ex-Chefin der Universitätenkonferenz, machte aus ihrer Haltung zu Höbelt und den Protesten gegen ihn keinen Hehl. "Wer mit rechtsextremen Codes so spielt, dass er immer ganz knapp am Verbotsgesetz vorbeischrammt", habe Gegenwind allemal verdient, sagte Blimlinger. Das hätte eigentlich schon viel früher passieren müssen. Zum Glück habe sich Höbelts rechtsextreme ideologische Position bald erledigt, weil er in Pension gehe, sagte Blimlinger unter wütenden Zwischenrufen der FPÖ. Auch die Schlussworte Blimlingers in Richtung der Blauen konnten nicht für eine Abkühlung der Gemüter sorgen: "Lieber Kopftuch, Kippa und Kreuz als Ihre Kappln von den schlagenden Verbindungen, die gehören verboten."

Für Aufsehen im und außerhalb des Nationalrats sorgte einmal mehr Susanne Wiesinger: Der damaligen Ombudsfrau wurde vom Bildungsministerium die ÖVP-nahe Beraterin Heidi Glück zur Seite gestellt. Verrechnet hat Glück laut Faßmann, der die Auskunft im Zuge der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage der Neos gab: 284 Arbeitsstunden beziehungsweise 46.200 Euro.

Vom Parlament auf die Uni

Nur kurze Zeit nach der Diskussion im Nationalrat trafen die unterschiedlichen Haltungen rund um Höbelt und deutschnationale Burschenschaften erneut aufeinander – vor der Uni Wien: Etwa 25 Burschenschafter wurden von den rund 100 Gegendemonstranten bereits erwartet, als sie Mittwochmittag zu ihrem traditionellen "Couleurbummel" auf der Rampe der Uni Wien eintrafen. Empfangen wurden sie mit Sprechchören wie "Rassistisch, sexistisch, ekelhaft – das ist die deutsche Burschenschaft". Zusätzlich wurde ihnen per Sitzblockade der Weg versperrt und der zentrale Teil des Eingangs der Uni Wien besetzt. Ein Großaufgebot der Polizei begleitete die Burschenschafter, die so einen Teil der Rampe für 15 Minuten in Beschlag nehmen konnten. Aus Sicherheitsgründen hatte die Uni Wien die Türen des Haupteingangs zuvor versperrt. Dann zogen sie wieder ab. Zum Abschied flogen noch eingefärbte Tampons in Richtung der Burschenschafter.

FPÖ-Gemeinderat Udo Guggenbichler bezeichnete die Proteste an der Uni Wien im Gespräch mit dem STANDARD als "Vorboten". Und zwar dafür, dass es auch am Freitag zu Ausschreitungen in der Innenstadt kommen werde. Dann findet der von den Wiener Blauen veranstaltete Akademikerball in der Hofburg statt. Gegen die Veranstaltung wurde bereits eine Demo unter dem Titel "FPÖ-Burschiball blockieren" angekündigt.

Für die Polizei wird es ein Großeinsatz: 1.600 Polizisten werden auf der Straße sein, erwartet werden 700 Demoteilnehmer. Ab 17 Uhr tritt ein Platzverbot in Kraft – dieses fällt heuer größer aus als noch 2019 und inkludiert neben dem Heldenplatz auch den Ring zwischen Bellariastraße und Goethegasse. (Theo Anders, Oona Kroisleitner, Markus Sulzbacher, 22.1.2020)