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Harvey Weinstein beim Prozessauftakt am Mittwoch.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Jeenah Moon

New York – Nach den intensiven Auftaktplädoyers im Vergewaltigungsprozess gegen den früheren Hollywood-Mogul Harvey Weinstein wird die Verhandlung am Donnerstag fortgeführt. Aller Voraussicht nach werden weitere Zeugen angehört werden.

Am Mittwoch hatten sich Anklage und Verteidigung einen harten Schlagabtausch geliefert. Die Staatsanwaltschaft hatte den 67-Jährigen dabei als "Sexualstraftäter und Vergewaltiger" bezeichnet, Weinsteins Team griff die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen an.

Anklägerin Meghan Hast legte die Fälle von mehreren Frauen dar, die Weinstein bedrängt haben soll. Demnach habe er "seine Macht in der Unterhaltungsindustrie dazu genutzt, ihr Schweigen sicherzustellen". Die Staatsanwältin kündigte an, dass die Betroffenen ihre Geschichten der Angst und Erniedrigung während des Prozesses erzählen werden – "endlich werden ihre Stimmen gehört werden", so Hast.

Was Clinton damit zu tun hat

Ein Grund zur Aufregung für die Verteidigung war am Mittwoch auch ein Foto, das die Staatsanwaltschaft im Gerichtssaal gezeigt hatte. Darauf zu sehen war Weinstein zusammen mit dem ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton. "Präsident Clinton hat überhaupt nichts mit dem diesem Fall zu tun", schimpfte Anwalt Arthur Aidala. Er vermutete, dass die Anklage die Jury damit an Clintons Impeachment-Verfahren wegen einer sexuell unangebrachten Beziehung erinnern wollte – schließlich laufe gerade ein weiteres Amtsenthebungsverfahren, diesmal gegen US-Präsident Donald Trump.

Staatsanwältin Joan Illuzzi-Orbon erklärte daraufhin, dass Clinton für den Prozess sehr wohl eine Rolle spiele, weil Weinstein seine gute Beziehung zu dem Politiker als Mittel der Einschüchterung gegenüber einer Frau benutzt habe. Richter James Burke lehnte den Versuch der Verteidigung ab, den Prozess unter anderem wegen der Clinton-Fotos platzen zu lassen.

Sex gegen Karriere

Mit den Auftaktplädoyers war der Prozess nach mehr als zwei Wochen inhaltlich gestartet. In den kommenden Wochen wird ein harter Kampf zwischen Anklage und Verteidigung um die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen erwartet – am Ende entscheiden die zwölf Geschworenen über Schuld oder Unschuld. Die Verteidigung der Hauptanwältin Donna Rotunno wird anscheinend darauf beruhen, dass Weinsteins Sex mit den Frauen einvernehmlich gewesen sei, weil diese sich davon einen Karriereschub versprochen hätten.

Die Suche nach den Geschworenen gestaltete sich schwierig, da sie unvoreingenommen an den Fall herantreten müssen – ein schweres Unterfangen nach mehr als zweijähriger Berichterstattung über den angeblichen Missbrauch durch Weinstein. Bei einer Verurteilung droht dem 67-Jährigen eine lebenslange Haftstrafe.

Löste globale Bewegung aus

Seit 2017 und der Veröffentlichung der ersten Vorwürfe in der "New York Times" und dem "New Yorker" haben insgesamt mehr als 80 Frauen Weinstein sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Unter ihnen befinden sich bekannte Schauspielerinnen wie Angelina Jolie, Uma Thurman und Salma Hayek. Aus den Vorwürfen entstand die globale #MeToo-Bewegung. Weltweit äußerten sich Frauen und auch Männer unter dem Schlagwort "Me too" ("Ich auch") in den sozialen Medien über ihre eigenen Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen. Ihr Einfluss reichte in viele Gesellschaftsschichten und stieß auch in Österreich Diskussionen über sexualisierte Gewalt und vor allem männlichen Machtmissbrauch an. (APA, bbl, 23.1.2020)