Laut einer Studie von SOS Mitmensch hat sich das Deutschkursangebot für Asylwerber in Österreich in den letzten Jahren stark verschlechtert.

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Das Angebot an Deutschkursen für Asylwerber in Österreich ist schlecht. Das zeigt eine aktuelle Bundesländer-Erhebung der NGO SOS Mitmensch. Viele Asylsuchende haben demnach keine Möglichkeit, einen passenden Kurs zu besuchen. Seit der letzten Erhebung 2016 habe sich das Angebot sogar noch verschlechtert, so die Menschenrechtsorganisation. Ein Grund sei der unter der türkis-blauen Regierung beschlossene Ausstieg des Bundes aus der Finanzierung von Deutschkursen für Asylwerber.

"Die Ergebnisse unserer Erhebung sind teilweise alarmierend", schreibt Sonja Kittel, die für SOS Mitmensch die Erhebung geleitet hat, in einer Aussendung. Das Angebot an Kursen für Asylwerber sei seit dem Ausstieg des Bundes deutlich zurückgegangen: "Einige Bundesländer haben versucht, das abzufedern, aber das ist nicht überall gelungen." Die Kofinanzierung von Deutschkursen durch den Bund ist im Herbst 2018 ausgelaufen.

Kursplätze nur für Syrer und Iraner

Die Abwicklung von Deutschkursen organisiert im Wesentlichen der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF). Zu seinen Angeboten haben aber in erster Linie nur anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte Zugang. Asylwerber können an diesen Kursen nur teilnehmen, wenn ihnen eine hohe Anerkennungswahrscheinlichkeit bestätigt wird. Dies gilt etwa für Syrer und Iraner. Wie der ÖIF mitteilte, gingen im Vorjahr nur 335 von insgesamt 20.000 Kursplätzen an Asylwerber.

Über die Angebote des ÖIF hinaus können auch die Bundesländer eigene Deutschkursplätze anbieten. Um wie viele Plätze das Angebot seit dem Ende der Finanzierung durch den Bund zurückgegangen ist, sei "teilweise sehr schwierig bis unmöglich" zu ermitteln gewesen, weil die Länder keine genauen Zahlen herausgeben, so Alexander Pollak von SOS Mitmensch. Insgesamt habe sich das Angebot aber "teilweise halbiert". Wien hat bereits 2018 angekündigt, dass sich die Kursplätze aufgrund der fehlenden Finanzierung durch den Bund halbieren werden.

Tirol ist Spitzenreiter, Niederösterreich Schlusslicht

"Das Deutschkursangebot in den Bundesländern ist ein Fleckerlteppich", resümierte SOS Mitmensch bereits nach seiner letzten Erhebung 2016. Laut der aktuellen Studie seien die Unterschiede nun sogar noch weiter gewachsen. Die Wartezeiten variieren etwa zwischen einem Monat und sechs Monaten, und auch die Intensität der Deutschkurse schwanke erheblich, zwischen 60 Übungseinheiten pro Kurs in Salzburg und bis zu 195 Übungseinheiten in Wien.

Ein Problem sei auch, dass oft nicht die richtigen Kursniveaus angeboten werden. Sprachkurse auf den Fortgeschrittenenniveaus C1 und C2 werden beispielsweise nur in Oberösterreich angeboten, im Burgenland werden wiederum nur Basiskenntnisse vermittelt. Die meisten anderen Länder liegen dazwischen. Während das Angebot in Tirol vergleichsweise gut sei, gebe es in Niederösterreich gar keine eigenen Sprachkurse für Asylwerber, so SOS Mitmensch.

Waldhäusl weist Kritik zurück

Der niederösterreichische Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) widersprach dem Urteil von SOS Mitmensch: Deutschkurse für Asylwerber und Asylberechtigte seien in Niederösterreich "eine gelebte Selbstverständlichkeit", schrieb er. Zusätzlich zu den Angeboten des ÖIF gebe es "vom Land geförderte Projekte, die die Vermittlung der deutschen Sprache beinhalten". Welche Angebote das konkret sind, ließ er offen.

Auf Basis der Bundesländererhebungen fordert SOS Mitmensch die Schaffung einer österreichweiten Regelung für geförderte Deutschkurse für Asylsuchende mit einheitlichen Minimalstandards und Angeboten auf allen Qualifikationsstufen. Außerdem verlangt die Organisation die finanzielle (Wieder-)Beteiligung des Bundes und die Öffnung der Sprachkurse des Integrationsfonds für alle Asylsuchenden. Es dürfe nicht weiter an den ehrenamtlichen Helfern liegen, "die strukturellen Lücken im Deutschkursangebot notdürftig zu stopfen". Im Regierungsprogramm ist davon die Rede, dass Deutschkurse auch qualitativ gefördert werden sollen. In welcher Form das geschehen könnte, ist nicht bekannt. (jop, APA, 23.1.2020)