Wallner (rechts) bei seiner Angelobung im November 2019.

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Bregenz – Nur wenige Stunden nachdem jener Asylwerber, der in Dornbirn einen Sozialamtsleiter erstochen hatte, zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, drängt der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) erneut auf die sogenannte Sicherungshaft.

Der Mord markiert den Startpunkt der Diskussion darüber, nun ist die Maßnahme eines der Topthemen der türkis-grünen Regierung. Auch wenn immer noch unklar ist, ob es verfassungsrechtlich vereinbar ist, Menschen – in diesem Fall ausschließlich Asylwerber – schon vor einer Straftat einzusperren. Die Rechtsansicht der Regierung und die der Opposition gehen dazu weit auseinander, beide Seiten berufen sich auf namhafte Experten.

Wallner hält die Frage der Verfassungsänderung "eigentlich für zweitrangig", sagte er am Donnerstag im Ö1-"Morgenjournal", dies sei eine Frage von Parteiverhandlungen. Man könne jedoch nach dem Fall in Dornbirn nicht zur Tagesordnung übergehen. Auch Wallner spricht, wie viele aus der ÖVP, von einer Rechtslücke, die man schließen müsste, auch wenn niemand einen "willkürlichen Freiheitsentzug" wolle.

Für die Grünen ist die Präventivhaft ein heikles Thema: Unter der türkis-blauen Regierung war man noch klar gegen die sogenannte Sicherungshaft. Der Grünen Abgeordnete Michel Reimon wiederholte diese Haltung am Donnerstag im "Ö1-Mittagsjournal": "Wenn die ÖVP uns das noch zwanzig Mal ausrichtet, wird das halt so sein, aber es wird trotzdem nicht dazu kommen", sagte Reimon zur Sicherungshaft. Sigrid Maurer hatte diese Woche allerdings gesagt, sie wolle mit Verfassungsexperten diskutieren, um festzustellen, ob tatsächlich eine gesetzliche Lücke bestehe.

Wie es zur Diskussion kam

Der Täter im Fall Dornbirn, Soner Ö., Sohn einer türkischen Familie, war in Vorarlberg geboren und in Lustenau aufgewachsen. Bis 2009 häufte er 14 Eigentums- und Drogendelikte an und wurde für zehn Jahre des Landes verwiesen. Zuständig für seine Ausweisung war das spätere Opfer. Soner Ö. kam zurück, suchte um Asyl an und wurde, wieder von A., ausgewiesen – "rechtswidrig", wie Ö. sagt. Zudem habe ihm das spätere Opfer mit der Abschiebung seiner Familie gedroht. 2010 musste er erneut, dieses Mal unbefristet, das Land verlassen.

Neun Jahre nach dieser zweiten Ausweisung kam Soner Ö. zurück, suchte wieder um Asyl an. Da sich Ö. im Asylverfahren befand, stand ihm Grundversorgung zu, doch man ließ den Amtsbekannten auf das Geld warten. Als er die Grundversorgung auf der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn bei A. einforderte, kam es zur Auseinandersetzung mit tödlichem Ausgang.

Ö., dem Gerichtspsychiater Reinhard Haller eine Persönlichkeitsstörung attestiert, stand bei der Tat unter Alkohol- und Medikamenteneinfluss, war aber laut Gutachten zurechnungsfähig. Der ehemalige Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) nahm den Fall zum Anlass, um eine präventive Sicherungshaft für Asylwerber zu fordern. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte am Montag erneut an, dass die Sicherungshaft kommen werde – für Personen, die schon ein Gewaltverbrechen begangen haben und eine Drohung aussprechen. (red, 23.1.2020)