Grazer Forscher identifizierten einen Überlebensmechanismus, der für fast alle bakteriellen Krankheitserreger gültig ist.

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Der Cholera-Erreger Vibrio cholerae kann im Wasser überleben und muss dort mit ganz anderen Bedingungen zurechtkommen als im menschlichen Wirt. Um sich ausreichend ernähren zu können, hat er an der Außenhaut zahlreiche Aufnahmesysteme von Nährstoffen, unter anderen das sogenannte Porin OmpT. Im menschlichen Körper würde das Bakterium über dieses Porin Gallensalze und antimikrobielle Peptide aufnehmen, die es abtöten. Um im Wirt überleben zu können, hat es folgende Strategie: "Es bildet kein neues OmpT mehr. Bisher war allerdings nicht bekannt, wie die bereits vorhandenen Schleusen entfernt werden können", sagt der Molekularbiologe Stefan Schild von der Uni Graz.

In der aktuellen Studie konnten Schild und sein Forscherteam zeigen, dass die Krankheitserreger beim Eintritt in den Wirt massiv Außenhaut-Ausstülpungen abstoßen. Auf diese Art und Weise können sie sich rasch der nicht mehr benötigten Porine entledigen. Mit diesem sehr energieaufwendigen Prozess können sich Mikroorganismen so schneller an die für sie widrigen Bedingungen im Wirt an, um der Immunabwehr zu entgehen. Außerdem "entsorgen" die Bakterien auf diesem Weg auch sogenannte Lipopolysaccharide, kurz LPS, die in der Außenhaut sitzen und keine ausreichende Barriere gegen die Immunabwehr des Körpers darstellen. Die im Wirt neu gebildeten LPS sind dahingehend verändert, dass sie sich fest aneinanderketten können und die Membran undurchlässiger machen.

"Das Abstoßen der OMVs, verschafft den Erregern einen klaren Wettbewerbsvorteil bei der Kolonisierung des Wirts", erklärt Schild. In Gang gesetzt wird der Prozess, wenn die Bakterien Eisenmangel verspüren, da sie das Spurenelement – wie auch wir Menschen – für alle biologischen Vorgänge benötigen. Eine Abwehrstrategie unseres Körpers ist es, Eisen so zu binden, dass es schädlichen Eindringlingen nicht zur Verfügung steht, was in den Bakterien Stress verursacht.

Mikrobiom im Darm schonen

Darüber hinaus gibt es Indizien dafür, dass der Kontakt zu Antibiotika oder Desinfektionsmittel in niedrigen Dosen ebenfalls ein Abschnüren der Außenmembranvesikel auslöst. "Rückstände von keimtötenden Medikamenten in Wasser oder Nahrung sind also problematisch, weil sie den Pathogenen einen Fitnessvorteil verschaffen können", erläutert der Molekularbiologe.

Die Wissenschafter betonen, dass die Mechanismen, die sie an Vibrio cholerae im Detail untersucht haben, für nahezu alle bakteriellen Krankheitserreger – etwa Salmonellen, Pseudomonaden oder Neisserien – gültig sind. Die Forscher suchen nun nach einer Substanz, die die Vesikulierung hemmt. Damit könnte die körpereigene Immunabwehr leichter mit den Eindringlingen fertig werden. Gleichzeitig bliebe – anders als bei der Einnahme von Antibiotika – das natürliche Mikrobiom im menschlichen Darm verschont. (red, 23.1.2019)