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Im Internet kursieren die absurdesten Theorien und Fake-News. "Flat Earther" etwa sind überzeugt, dass die Erde eine Scheibe ist. Da ist Quellenstudium angebracht.

Illustration : Lukas Friesenbichler, Fotos: Getty (2), APA

In der Rolle eines Praktikanten, als klickheischender Unruhestifter oder mit einer Checklist ausgestattet: Jugendliche in Deutschland sollen mit verschiedenen Programmen über Fake-News lernen, wie man sie erkennen kann. Informationen aus nachvollziehbaren Quellen sind wichtig, um nicht in eine der vielen Internetfallen zu tappen.

Schön ist das nicht. Da kauft man sich das neueste und total angesagte Smartphone, nutzt es voller Freude – und fällt kurz darauf in Ohnmacht! Weil das Ding giftige Dämpfe ausstößt! Man ist nicht der einzige Unglücksrabe, auch andere berichten von grässlicher Übelkeit. Wo? Im Internet. Und wenn es dort steht, dann muss es ja stimmen.

So beginnt ein browserbasiertes Onlinespiel, das die Landeszentrale für politische Bildung in Nordrhein-Westfalen auf ihrer Website bietet und das vor allem junge Leute für Fake-News sensibilisieren will. Die Spielenden nehmen die Rolle eines Praktikanten oder einer Praktikantin beim fiktiven Sandorfer Kurier ein und sollen nun einen Artikel über das angebliche "Todesgift" aus dem Handy schreiben.

Das geht zunächst einmal gründlich schief, weil bloß Gerede aus dem Internet wiedergegeben wird und – zu Recht – eine Klage des Handyherstellers droht. Also noch einmal von vorn, diesmal hilft eine erfahrene Redaktionskollegin und gibt Tipps.

Nicht alles glauben

"Uns ging es darum zu zeigen, wie man Fake-News erkennen kann, dass man nicht alles glauben soll, was im Internet steht, und seine eigenen Sinne schärfen kann", sagt Simon Raiser von Planpolitik, dem Unternehmen, das das Spiel konzipiert hat.

"Ich habe mich auf unseriöse Quellen verlassen", muss also auch der Praktikant alsbald zerknirscht einräumen und erfährt: "Quellen sind das A und O." Er beginnt dann ernsthaft zu recherchieren, sich mit wissenschaftlichen Studien auseinanderzusetzen und stößt auf "Cody", die das Gerücht vom "Todesgift" ins Netz gesetzt hat. Als "Netzkünstlerin" bezeichnet sie sich und behauptet: "Es wird nicht mehr um Länder und Ressourcen gekämpft, sondern um die Aufmerksamkeit der Menschen." Und dass die Leute doch selbst entscheiden sollen, was sie glauben.

Letztendlich zeigt sich, dass sehr wohl jemand von den falschen Nachrichten profitieren will: ein (ebenfalls fiktives) Unternehmen, das allerlei absurden "Schutz" gegen Handygift bietet – natürlich zu saftigen Preisen.

"Fake-News sind gerade für Kinder und Jugendliche ein Thema in der Medienbildung, da sie mit dem Smartphone aufwachsen", sagt auch Nina Köberer, Medienethik-Expertin vom Niedersächsischen Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung.

Sie hat eine App entwickelt, die sich "Fake News Check" nennt, und meint: "Viele junge Leute wissen durch Donald Trump, dass es Fake-News gibt. Aber sie können nicht einschätzen, was das genau ist."

Verantwortung übernehmen

Hervorragend wäre natürlich eine App, die ganz leicht Falschmeldungen von wahren Berichten trennen kann. Wer "Fake News Check" herunterlädt, wird gebeten, sich eine beliebige Meldung aus dem Internet auszusuchen. Diese soll 19 Fragen unterzogen werden, etwa, ob die Meldung starke Gefühle auslöst, ob es ein Impressum gibt, einzelne Aussagen mit Links auf Quellen belegt sind, ob der Name des Verfassers genannt wird.

Dazu gibt es Hinweise. So heißt es etwa bei der Frage, ob der Verfasser genannt wird: "Wenn nicht ersichtlich ist, von wem eine Meldung verbreitet wurde, muss man davon ausgehen, dass der Verfasser nicht bereit ist, die Verantwortung für den Inhalt seiner Nachricht zu tragen."

Die Nutzer erfahren ähnlich wie beim Onlinespiel in der Zeitungsredaktion, wie wichtig die Angabe von Quellen ist, und werden auch gleich mit Pressekodex und Pressefreiheit vertraut gemacht.

Reißerisch

So mancher Hinweis in der App, etwa jener auf besonders reißerische Aufmachung, muss allerdings nicht auf Fake-News hindeuten, das gilt auch für Boulevardmedien. Tatsächlich Fake-News zu entdecken vermag die App natürlich nicht. "Es geht darum, Jugendliche zu sensibilisieren und Texte zu hinterfragen" sagt Köberer.

Spielerisch auf die andere Seite wechselt man beim Onlinespiel "Fake It To Make It" der Amerikanerin Amanda Warner, das die Niedersächsische Landeszentrale für Bildung ins Deutsche übersetzen lassen hat. Hier soll man hemmungslos Fake-News verbreiten: Der Bundeskanzler ist zu häufig auf Urlaub, Katzen werden zu Pelzen verarbeitet, Randalierer zerstören die Innenstadt – ein paar Klicks, und schon hat man seine eigene "bunte" Seite gestaltet.

"Angst ist eine großartige Emotion, um Menschen dazu zu bewegen, deine Artikel zu teilen und zu lesen", wird erklärt. Es geht um möglichst viele Likes und Geld, da kann die Quellenprüfung schon einmal auf der Strecke bleiben. Sorge, dass das Spiel geradezu eine Anleitung zum Verbreiten von falschen Nachrichten sein könnte, hat Jannika Sieveritz von der Landeszentrale nicht: "Das Spiel bietet einen anderen Ansatz, um kritisch zu hinterfragen, wie eigentlich Fake-News verbreitet werden und wie leicht man Teil davon werden kann." (Birgit Baumann, 25.1.2020)