Die Funke-Gruppe hat bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) die "alleinige Kontrolle" über Österreichs größte Tageszeitung angemeldet. Die Behörde bringt die Anmeldung nun zur Prüfung vor ein Kartellgericht.

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Wien – Der jüngste Vorstoß der deutschen Funke-Gruppe im Machtkampf gegen Familie Dichand um das Sagen bei der "Kronen Zeitung" wird zum Langzeitprojekt: Die Funke-Gruppe hat zu Jahresbeginn bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) die "alleinige Kontrolle" über Österreichs größte Tageszeitung angemeldet. Die Behörde bringt die Anmeldung nun zur Prüfung vor ein Kartellgericht – ein Gerichtsverfahren samt Instanzenzug kann dauern.

"Es bestehen erhebliche Bedenken zur Anmeldefähigkeit des Zusammenschlusses. Aus diesem Grund stellt die BWB am 24.1.2020 einen Antrag auf Prüfung des Zusammenschlusses beim Kartellgericht", so die Bundeswettbewerbsbehörde. Während der Prüfung des Zusammenschlusses hätten sich "komplexe Fragen insbesondere im Hinblick auf die Auslegung der vorgelegten Gesellschaftsverträge" ergeben. "Nach den der BWB vorliegenden Informationen sind wesentliche gesellschaftsrechtliche Fragen zwischen den Unternehmen nicht endgültig gelöst und befinden sich im Klärungsprozess vor mehreren Gerichten."

Worum geht es bei dem Vorstoß?

Die Funke-Gruppe erklärt die "alleinige Kontrolle" über die "Krone" vor der Wettbewerbsbehörde (wie schon vor Gerichten) mit einem Passus in den "Krone"-Verträgen: Das Stimmrecht der Gesellschafter bemisst sich in ganzen Beteiligungsprozenten (eigentlich: vollen 1.000 Schilling, österreichische Währung vor dem Euro). Die 50 Prozent von Hans Dichand gingen im Erbverfahren zu je 12,5 auf Witwe Helga sowie die Nachkommen Michael, Johanna und Christoph, der die "Krone" als Herausgeber und Chefredakteur führt, über. Da für die Stimmrechte aber nur volle Prozente zählten, hätten die vier Erben nur je zwölf und zusammen 48 Prozent, argumentiert die Funke-Gruppe.

Die Dichands bestreiten diese Interpretation.

Worum geht es? Das Sagen bei der "Krone"

Die Funke-Gruppe und die Gründerfamilie Dichand streiten seit Jahrzehnten um das Sagen und den Gewinn der "Kronen Zeitung", Österreichs reichweiten- und einnahmenstärkster Tageszeitung. Beide halten je 50 Prozent an der "Krone", seit Ende 2018 gehören dem Immobilien- und Handelsmilliardär René Benko mit seiner Signa-Gruppe 49 Prozent an der Funke-Holdingfirma für die Medienbeteiligungen in Österreich, also die 50 Prozent an der "Krone" und 49,44 Prozent am "Kurier", die wiederum zusammen Österreichs größte Zeitungsverlagsgruppe Mediaprint bilden.

Die Funke-Gruppe hat Gründer Hans Dichand beim Einstieg 1987 Vorrechte eingeräumt, die großteils auf seine Erben übergegangen sind. Die sogenannten Rahmenvereinbarungen garantieren den Dichands einen hohen einstelligen Millionenbetrag Gewinn unabhängig vom Gewinn der "Krone", für den nötigenfalls die Mitgesellschafter aufkommen müssen. Zudem haben die Dichands das Sagen in der Redaktion und bei deren Besetzung. Die Miteigentümer müssen in der Mediaprint laut Vereinbarung mit den Dichands stimmen (was sie nicht immer getan haben).

Die Funke-Gruppe hat die Rahmenvereinbarungen gekündigt, die Dichands bekämpfen die Kündigung vor einem Schiedsgericht. Ein Ergebnis ist der STANDARD-Redaktion bisher nicht bekannt.

Die Dichands argumentieren vor dem Schiedsgericht, die Rahmenvereinbarungen, zuletzt schriftlich fixiert 2003, seien von den Gesellschaftsverträgen der "Krone" nicht zu trennen. Wer die Vereinbarungen auflöst, kündige auch die "Krone"-Verträge. Dafür ist ein Szenario vereinbart: Wer die Verträge kündigen will, muss seine "Krone"-Anteile dem Mitgesellschafter oder den Mitgesellschaftern der "Krone" zum – sehr günstigen – Buchwert anbieten. (fid, 24.1.2020)