Die Kunstinitiative "Neigungsgruppe K.O." will ironisch und mit Beton-Pfeffersprays auf Fragen der Sicherheit antworten – mit Schauspielerin Pia Hierzegger und Ex-Caritas-Chef Franz Küberl


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Graz gönnt sich eine Menge neue Kultur. Und das künftig täglich, ein ganzes Jahr lang. Mit dem am Donnerstag gestarteten "Graz Kulturjahr 2020" steht eine einzige Themenstellung im Zentrum mannigfaltiger Projekte: "Wie wir leben wollen".

Die von einem Programmbeirat ausgewählten 94 Projekte aus den Sphären der Kunst, Wissenschaft oder Sozialinitiativen werden sich in den nächsten Monaten konkret mit Fragen der Umwelt, des Klimas, der digitale Lebenswelten, des Urbanismus, der Stadtplanung, des sozialen Miteinanders und der "Arbeit von morgen" beschäftigen. Alle 17 Stadtbezirke werden mit künstlerischen Interventionen, Ausstellungen, Performances und Symposien einbezogen.

Begonnen hat das Kulturjahr eigentlich schon am 1. Jänner mit dem Projekt "The Graz Vigil" von La Strada. Interessierte können jeweils zu Sonnenauf- und -untergang am Schlossberg eine Stunde sozusagen Wache halten und die Stadt betrachten. Die Erfahrungen und Gedanken werden in einem späteren Buch festgehalten.

Am Kulturjahr nehmen so ziemlich alle Grazer Kunst-, Kulturinitiativen und Grätzelprojekte, aber auch internationale Künstler teil. Wie zum Beispiel Bill Fontana, der der Stadt an der Mur wieder einen Besuch mit einem neuen Klangprojekt abstattet. Fontana hatte die Grazer Bürgerinnen und Bürger im "steirischen herbst" 1988 mit Klanginstallationen amüsiert und aufgeschreckt. Er schickte vom Schlossberg Klänge und Geräusche in die Stadt – Rufe eines Gibbonpärchens im thailändischen Regenwald, das Singen eines australischen Leierschwanzes oder den lauten Ton eines Nebelhorns. Er löste damals heftige Proteste aus.

Beim Verkehr fehlte der Mut

Einer der kontroversiellsten Vorschläge, der wohl ganz Graz aufgeregt hätte, hat es nicht ins Programmheft geschafft, obwohl der Programmbeirat einstimmig dafür plädiert hatte. Das Forum Stadtpark hatte das Projekt "Als die Autos die Stadt verließen" im Sinn. Für 168 Stunden – genau eine Woche – sollte ein großer Teil von Graz vollkommen von Autos befreit und kurzfristig zu einer Parklandschaft mutieren.

"Die Stadt Graz wird so einmal mehr zur Vorreiterin – zu einem temporären Versuchsraum für zukünftige Urbanität", argumentierten die Projektinitiatoren. Der Programmbeirat stimmte zwar zu, nicht aber die ÖVP-FPÖ-Stadtregierung. So radikal sollte visionäres urbanes Denken dann doch nicht realisiert werden.

Die "Neigungsgruppe K.O." will ironisch und mit Beton-Pfeffersprays auf Fragen der Sicherheit antworten – mit Schauspielerin Hierzegger und Ex-Caritas-Chef Küberl. (Walter Müller, 26.1.2020)