1.300 Menschen sind offiziell infiziert, Ärzte in Wuhan glauben aber, dass die Zahl der Infizierten wesentlich höher ist, als bekannt.

Foto: EPA

Peking/Paris/Wien – Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erließ am Samstag eine Verordnung, wonach das mittlerweile auch in Europa grassierende Coronavirus einer Anzeigepflicht unterworfen wird. Damit sind Verdachts-, Erkrankungs-, und Todesfälle anzeigepflichtig. "Das ist kein Grund zur Panik, aber für verstärkte Vorsorge, Information und Aufmerksamkeit", so der Minister. Nach den bestätigten Fällen in Frankreich ist "das Coronavirus in Europa angekommen. Jetzt geht es darum, umsichtige Vorbereitungsmaßnahmen zu setzen", sagte Anschober.

Das österreichische Außenministerium riet von nicht notwendigen Reisen nach Hubei ab. Wie Ministeriumssprecher Peter Guschelbauer in Wien mitteilte, wurde für die zentralchinesische Provinz ein hohes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 3) angenommen. In China sollen sich derzeit rund 3.000 Österreicher aufhalten. Aktuell seien unter ihnen keine Erkrankten bekannt, heißt es vom Außenministerium.

Die ehemalige Gesundheitsministerin und ausgebildete Tropenmedizinerin Pamela Rendi-Wagner hat angesichts einer Verbreitung "keinen Grund zur Panik" gesehen. Wichtig sei höchste Achtsamkeit, rasches Handeln der Behörden und Information für die Bevölkerung. "Wir sind gut vorbereitet", so die SPÖ-Vorsitzende.

EU hält weitere Fälle in Europa für wahrscheinlich

Die EU-Präventionsbehörde ECDC hatte zuvor erklärt, von weiteren Fällen in Europa auszugehen. "Zu diesem Zeitpunkt ist es wahrscheinlich, dass es mehr importierte Fälle in Europa geben wird", teilte die im schwedischen Solna ansässige Behörde am Samstag mit. Das chinesische Staats-TV berichtete am Samstag über mittlerweile 41 Todesopfer und über 1.372 Infizierte in China. Mit diesen neuen Angaben kletterte die Zahl der nachgewiesenen Patienten innerhalb eines Tages um mehr als 400. Laut dieser Aufstellung gibt es in Hongkong, Taiwan und Macao zehn weitere Erkrankungen.

Ärzte in Wuhan, der am stärksten betroffenen Region Chinas, äußerten den Verdacht, dass sich dort schon wesentlich mehr Menschen angesteckt haben dürften als offiziell angegeben. Auch sei offenkundig weitaus mehr Krankenhauspersonal betroffen als jene 15 Beschäftigten, von denen bisher offiziell die Rede sei. "Es lassen sich infizierte Krankenhausmitarbeiter in fast allen größeren Krankenhäusern in Wuhan finden", sagte ein Arzt der Hongkonger Zeitung "South China Morning Post".

Virus erreicht Europa

Inzwischen gibt es auch in Frankreich als erstem Land der EU bestätigte Infektionen. Alle Patienten hätten sich zuvor in China aufgehalten, hieß es vom französischen Gesundheitsministerium. Jeder, der in engem Kontakt mit den drei Infizierten stand, solle überprüft werden. Auf einer Pressekonferenz am Samstag erklärten Ärzte, dass dei Patienten nicht schwer erkrankt wären – ihnen gehe es gut. Einer von ihnen habe noch etwas Fieber.

Eine Aufnahme aus der Universitätsklinik in Wuhan.
Foto: EPA

Frankreichs Gesundheitsministerin Buzyn rief zur Achtsamkeit auf und appellierte an alle aus China zurückkehrenden Reisenden, genau darauf zu achten, ob sie Lungenprobleme oder Fieber bekämen.

In Großbritannien wollen Gesundheitsexperten nach etwa 2.000 Fluggästen aus China suchen. Sie halten es für wahrscheinlich, dass sich Infizierte bereits in Großbritannien aufhalten. Professor Chris Whitty, der die Regierung in Gesundheitsfragen berät, sprach von einem "reellen Risiko". 14 Verdachtsfälle hatten sich kürzlich aber nicht bestätigt.

Bestätigte Fälle wurden zuletzt auch aus Ländern wie Japan, Thailand, Vietnam, Singapur, Malaysia und Taiwan und mehreren US-Großstädten gemeldet. Auch in Australien sind mittlerweile vier Fälle bekannt.

Bild nicht mehr verfügbar.

Abschottung und Schutzmasken sollen das Virus eindämmen.
Foto: AP

USA wollen Personal abziehen

Die USA wollen noch am Sonntag ihre Bürger aus Wuhan bringen, wie das "Wall Street Journal" berichtete. Etwa 230 Personen, darunter Diplomaten, sollen ausgeflogen werden. US-Präsident Donald Trump bescheinigte den Behörden der Volksrepublik großes Engagement im Kampf gegen die Verbreitung des Erregers: "China hat sehr hart daran gearbeitet, das Coronavirus einzudämmen. Die Vereinigten Staaten schätzen die Bemühungen und Transparenz sehr", schrieb er auf Twitter. Es werde sich alles gut entwickeln.

43 Millionen Menschen abgeschottet

Um die Ausbreitung des Virus zu bremsen, hat China den 43 Millionen Bewohnern von zwölf Städten in der schwer betroffenen Provinz Hubei drastische Restriktionen auferlegt. Nah- und Fernverkehr wurden gestoppt, Ausfallstraßen gesperrt, zudem sollen in der Öffentlichkeit Schutzmasken getragen werden. Am Samstag wurde zudem der Autoverkehr gesperrt.

Die Regierung in Peking ordnete landesweit Kontrollen und Hygienemaßnahmen im Transportwesen an. An Flughäfen, Bahnhöfen, Busstationen und Passagierhäfen sollen Fiebermessgeräte installiert werden, kündigte der Staatsrat an. Für die Behandlung von Kranken soll es Notfallpläne geben. Hongkong hat wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus den Notstand und damit die höchste Warnstufe der Stadt ausgerufen. (red, APA, 25.1.2020)