Mindestens 35 Menschen starben bei einem Erdbeben im Osten der Türkei.

Foto: (APA/Reuters)

Istanbul – 35 Menschen starben durch ein schweres Erdbeben in der Osttürkei, wie die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad am Sonntag mitteilte. Doch es könnten noch mehr werden. Mindestens sechs Menschen werden noch unter den Trümmern vermisst, und die Hoffnung, diese noch retten zu können, schwindet.

Am Freitag bebte um 22 Uhr die Erde mit einer Stärke von 6,8 auf der Richterskala. In der Provinzhauptstadt Elazig, in dem Städtchen Sivrice, wo das Epizentrum des Bebens lag, und in den benachbarten Städten Malatya und Adyaman stürzten etliche Häuser ein. Mehr als 600 Nachbeben lassen die Region nicht zur Ruhe kommen und erschweren die Bergungsarbeiten.

45 Gerettete

Anders als bei dem vergangenen schweren Beben in der Osttürkei 2011 in Van (Magnitude 7,1) waren diesmal allerdings in kürzester Zeit genügend Rettungskräfte vor Ort, auf dass man an allen Einsturzstellen gleichzeitig mit der Rettung von Verschütteten beginnen konnte. 45 Menschen, darunter Kinder und eine Schwangere, konnten so gerettet werden.

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Auch die Politik beeilte sich, Flagge zu zeigen. Noch Freitagnacht wurde Innenminister Süleyman Soylu von Präsident Recep Tayyip Erdoğan ins Katastrophengebiet beordert, Samstagnachmittag kam der Präsident selbst, um an einer Beerdigung teilzunehmen.

Am Sonntag waren gleich drei Minister vor Ort, um die Arbeiten zu leiten und die Versorgung der Verwundeten und obdachlos gewordenen Menschen zu organisieren. Alle mehr als 1600 Verwundete konnten in Spitälern in der Umgebung versorgt werden, alle Menschen, die ihre Wohnung verloren hatten, wurden in Turnhallen und winterfesten Zelten untergebracht, da es nachts derzeit bitterkalt ist.

Kampf um Stimmen

Die Regierung ist erkennbar bemüht, in Elazig und Umgebung möglichst nichts falsch zu machen, gerade weil ihr nach dem Beben in Van vor neun Jahren massive Vorwürfe gemacht wurden. Da Erdoğans Stern in der Wählergunst sinkt, tut er alles, um sich als Landesvater zu präsentieren. Er versprach, die Wohnungsbaugesellschaft werde bald für alle Betroffenen Ersatz schaffen.

Die Anteilnahme in der Türkei, aber auch im Ausland ist groß. Es gibt internationale Hilfsangebote, in der Türkei sind im ganzen Land Solidaritätsaktionen angelaufen. Im Spitzenspiel der türkischen Fußballliga am Samstagabend in Istanbul-Fenerbahçe warfen die Fans ihre Schals, Mützen und Hüte für die Erdbebenopfer auf den Rasen, damit "die Menschen dort nicht frieren sollten". Sie wurden gesammelt und sollen nach Elazig gebracht werden.

Angst in Istanbul

Nach dem katastrophalen Beben 1999, das östlich von Istanbul die Erde mit der Stärke von 7,6 erschütterte und fast 20.000 Menschen tötete, haben die Behörden strengere Bauvorschriften erlassen und den Katastrophenschutz verbessert. Das hat sich jetzt in Elazig bemerkbar gemacht.

Doch angesichts dessen, dass die Türkei ein Hochrisikogebiet für Beben ist, müsste noch mehr passieren. Allein in Istanbul, wo die Experten ein Beben von mehr als 7 auf der Richterskala erwarten, sollen mehr als eine Million Häuser nicht sicher sein. (jg, 26.1.2020)