Bild nicht mehr verfügbar.

Sicherheitskräfte versuchen eine Demonstration in Bagdad aufzulösen.

Foto: AP / Hadi Mizban

Ein irakischer Soldat begutachtet die niedergebrannten Zelte der Protestierenden in der Stadt Basra.

Foto: EPA / HAIDER AL-ASSADEE

Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Demonstrant in Bagdad zeigt scharfe Munition und einen Tränengaskanister, die vermutlich von Sicherheitskräften in Bagdad abgefeuert wurden.

Foto: REUTERS / THAIER AL-SUDANI

Bagdad – Im Irak sind bei Zusammenstößen von regierungskritischen Demonstranten und der Polizei vier Menschen ums Leben gekommen. Die Polizei stürmte am Samstag den Hauptdemonstrationsort in der irakischen Hauptstadt Bagdad.

Im Süden des Landes versuchte sie, die Demonstranten auseinanderzutreiben. Dabei setzte die Polizei auch Tränengas ein. In Bagdad wurde mindestens ein Mensch getötet und mehr als 30 verletzt. In Nassiriya kamen drei Personen ums Leben, 15 wurden verletzt. Der TV-Sender Al-Sharqia sprach von einem bisher beispiellosen Vorgehen der Sicherheitskräfte.

Rückzug der Shiiten-Anhänger

Der neue Vorstoß, die Proteste zu beenden, kam wenige Stunden nach der Ankündigung des einflussreichen irakischen Klerikers Moqtada al-Sadr, sich nicht länger einzumischen. Die Anhänger des Schiiten-Führers, die die regierungskritischen Proteste nicht nur unterstützten, sondern die Demonstranten auch oft vor Angriffen von Sicherheitskräften schützten, begannen daraufhin, sich zurückzuziehen.

Für Freitag hatte Sadr noch zu einer Demonstration für den Abzug der US-Truppen aus dem Irak aufgerufen. Tausende Menschen in Bagdad waren seinem Aufruf gefolgt und hatten sich zu Protesten versammelt, die sich von der bisherigen Bewegung unterscheiden. Demonstranten zeigten sich von der Kehrtwende enttäuscht und warfen dem Geistlichen "Verrat" vor.

Der mächtige Prediger ist bekannt dafür, seine politischen Positionen schnell zu wechseln. Als die regierungskritischen Proteste im Oktober begannen, stellte er sich hinter die Bewegung und forderte die Regierung zum Rücktritt auf – obwohl er einen Großteil des Parlaments kontrolliert und seine Vertrauten mehrere Ministerposten besetzen. Doch am Freitag entzog er der Bewegung seine Unterstützung.

Protestcamps gestürmt

In der Folge gingen Sicherheitskräfte am Samstag im ganzen Land gegen die Protest-Camps vor. In Hilla, Diwaniya, Kut, Amarah und Najaf wurden Zelte von Demonstranten zerstört. In Basra wurden Aktivisten gewaltsam auseinander getrieben und ihre Zelte verbrannt, wie ein AFP-Reporter berichtete.

In Bagdad räumten Sicherheitskräfte unter Einsatz von Tränengas und scharfer Munition die Protest-Camps. Ärzte berichteten von mindestens 19 Verletzten. Eine Ärztin sagte der Nachrichtenagentur AFP, Polizisten hätten große Zelte, in denen Verletzte behandelt wurden, in Brand gesteckt.

Tahrir-Platz vorerst verschont

Das irakische Militär teilte mit, es habe die Ahrar-Brücke, auf der es in den vergangenen Monaten wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften kam, unter seine Kontrolle gebracht. Sitzblockaden auf dem Tajaran-Platz und der Mohammed-Qassim-Autobahn wurden aufgelöst. In die zentralen Camps auf dem Tahrir-Platz drangen die Sicherheitskräfte aber zunächst nicht vor.

Die Proteste hatten Anfang Oktober angesichts einer schweren sozialen Krise begonnen. Der Unmut richtet sich gegen die politische Elite, Misswirtschaft, Korruption und hohe Arbeitslosigkeit. Insgesamt wurden dabei nach einer Zählung der AFP bisher mehr als 470 Menschen getötet. (APA, 25.1.2020)