Großvater Uri mit Enkel Guy.

Foto: ORF/Green Kat Productions

Ein bisschen wirkt es so, als wäre Uri noch immer in Österreich. Im Wiener Dialekt erklärt er die Welt, die er um seine Modelleisenbahn gebaut hat, er macht Schmähs, und wenn sein Enkel am Ende eines Skype-Gesprächs "Tschüss!" sagt, äfft er ihn nach und meint, sie wären jetzt "richtige Piefkes!". Seine Kindheit in Österreich sei schön gewesen – bis "der Homo sapiens aus Braunau" gekommen sei. Uri lebt in Israel. Seinen Enkel Guy hat es nach Salzburg verschlagen. Eine Rückkehr, zwei Generationen später.

Drei solcher Geschichten erzählten die Filmemacherinnen Kat Rohrer und Gil Levanon am Sonntagabend zum Holocaustgedenktag auf ORF 2 in ihrer Dokumentation "Back to the Fatherland": Es sind junge Leute aus Israel, die ihren Großeltern beibringen, dass sie nach Deutschland oder Österreich auswandern – ausgerechnet in jene Länder, aus denen diese vertrieben wurden.

Mit viel Feingefühl erzählen Rohrer und Levanon nicht nur diese aufwühlenden Familiengeschichten, sondern diskutieren auch politische Fragen, die junge Israelis noch immer beschäftigen – und spätestens ab da auch den Zuschauer. Wie soll man mit dem kollektiven Trauma der Shoah umgehen, dem Schmerz, der anhaltenden Bedrohung in Israel, dem Status als Opfer?

Bei einem Besuch in Wien erzählt Uri, wie er von der Gestapo in der Straßenbahn wegen einer Nichtigkeit festgenommen wurde. Die Kamera hält auf den Schmerz, 75 Jahre später. Vergessen ist keine Option. (Sebastian Fellner, 27.1.2020)