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US-Präsident Donald Trump mit seinem engsten internationalen politischen Freund: Israels Premier Benjamin Netanjahu, der am 2. März Wahlen zu bestehen hat.

Foto: Reuters / Ronen Zvulun

Fast drei Jahre, nachdem der "Deal des Jahrhunderts" erstmals angekündigt wurde, der Israel und den Palästinensern sowie Israel und den arabischen Staaten Frieden bringen soll, ist es diesmal wohl wirklich so weit: US-Präsident Donald Trump hat Benny Gantz, Chef der stärksten Partei in der Knesset (Blau Weiß), und Premier Benjamin Netanjahu (Likud) ins Weiße Haus eingeladen, um sie über den unter der Führung seines Schwiegersohns Jared Kushner ausgearbeiteten Plan zu informieren. Und zwar nacheinander: Gantz sollte zuerst am Montag bei Trump sein, Netanjahu dann am Dienstag. Nun werden beide heute, Montag empfangen, und zwar "Netanjahu first". Dienstag ist ein entscheidender Tag in Jerusalem, da soll die Knesset über die Immunität Netanjahus entscheiden.

Ein Dreiertreffen blieb Gantz erspart: Netanjahu bewegt sich ja, im Gegensatz zum relativen Politikneuling Gantz, im Weißen Haus – und in der amerikanischen Sprache – wie ein Fisch im Wasser. Anfangs hatte es den Eindruck, als ob Netanjahu Gantz quasi mitnähme, unangenehm für Letzteren. Einem US-Präsidenten sagt man jedoch auch nicht ab, wenngleich der Zeitpunkt von vielen als Trump’sche Wahlkampfhilfe für seinen Freund Bibi bei den dritten Parlamentswahlen hintereinander, am 2.März, gesehen wurde. Ganz ohne Risiko ist die Sache aber auch für Netanjahu nicht, wenn der Kushner-Plan Details enthält, die die israelische Rechte spalten könnte.

Impeachment und Wahlen

Die Wahl des Zeitpunkts hat indes wohl auch einiges mit Trumps eigener Gemengelage zu tun: Impeachment (siehe unten) und ein Wahljahr, in dem er die Stimmen seiner evangelikalen christlich-zionistischen Fans braucht. Allein das macht Zugeständnisse an die Palästinenser unwahrscheinlich.

Vom Plan selbst ist nur die – wenig überraschende – Richtung durchgesickert, die Details fehlen noch. Die Palästinenser sind nicht eingebunden. Sollten sie zu allem prinzipiell Nein sagen, wozu Palästinenserpräsident Mahmud Abbas tendiert, gehen sie das Risiko ein, dass die israelische Regierung dies als Begründung für eigene unilaterale Schritte nimmt. Netanjahu hat ja nicht weniger als die Annexion des Westjordanlands versprochen – zuletzt sprang auch Gantz auf den Zug auf, das Jordantal annektieren zu wollen.

Noch immer ist nicht mit Sicherheit bekannt, ob es sich eher um eine Vision oder aber sogar um eine Art Fahrplan handelt. Netanjahu wird Interesse daran haben, den "Deal" als historischen Wurf zugunsten Israels darzustellen – und hoffen, dass das, was für die Palästinenser vorgesehen ist, still und leise untergeht. Denn selbst wenn Israel eine Art amerikanischen Persilschein dafür bekommt, die israelische Souveränität auf die großen Siedlungsblöcke und das Jordantal (mit Ausnahme der Stadt Jericho) auszuweiten: Die Palästinenser lösen sich ja nicht in Luft auf.

Laut manchen Erwartungen könnte den Palästinensern, wenn sie alle US-Forderungen annehmen, eine eingeschränkte Souveränität über die verbliebenen Territorien, auch solchen in der jetzigen Zone C (unter voller israelischer Kontrolle), in Aussicht gestellt werden, vielleicht auch eine Hauptstadt in Vororten Ostjerusalems. Die USA haben zwar die Annexion Ostjerusalems durch Israel anerkannt, allerdings ohne Grenzen der Hauptstadt zu definieren.

Das Unwort "Staat"

Weder Trump noch Kushner haben jedoch jemals das Wort "Staat" in den Mund genommen. Wenn sich das ändert, würde der Plan bei der israelischen Rechten auf wenig Begeisterung stoßen.

Gespannt warten nicht nur Israelis und Palästinenser, sondern auch die arabischen Staaten. Am meisten betroffen wäre Jordanien, dessen Beziehungen zu Israel heute so schlecht sind wie selten in den 25 Jahren seit dem Friedensschluss. Jordanien, das bereits eine palästinensische Bevölkerungsmehrheit hat, befürchtet, endgültig zum Ersatzstaat für die Palästinenser zu werden. Ein Argument der israelischen Rechten ist ja, dass die Palästinenser keinen Staat im Westjordanland bräuchten, weil sie bereits einen jenseits des Jordans hätten.

Neuer "best friend" Saudi-Arabien

Ein völliger Bruch Jordaniens mit Israel ist aber auch deshalb unwahrscheinlich, weil Amman dann befürchten müsste, dass es als Verwalter der islamischen Stätten in Jerusalem durch den neuen "best friend" Israels, Saudi-Arabien, ersetzt würde.

Auch für jene arabischen Staaten, die mittlerweile enge Beziehungen zu Israel haben, ist Trumps Plan nicht risikolos. Geht er zu unfreundlich mit den Palästinensern um, dann mag das Politikern wie dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, der gute Beziehungen zu Jared Kushner hat, persönlich egal sein. Aber es wäre eine interne politische Belastung. Das Thema Israel war schon immer – etwa in Tunesien vor dem Sturz Ben Alis 2011 – ein guter Vorwand für die Menschen, auf die Straße zu gehen. (Gudrun Harrer, 27.1.2020)