Dass Isabel dos Santos nach Angola zurückkehren wird, gilt als unwahrscheinlich: Sie lebt in London, Großbritannien hat kein Auslieferungsabkommen mit Angola.

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Das Netz um Isabel dos Santos, die reichste Frau Afrikas, zieht sich immer mehr zu. Kaum jemand rechnet noch damit, dass die 46-jährige Tochter des angolanischen Ex-Präsidenten mit ihrem Vermögen auch ihren Titel und ihre Freiheit retten kann. Nachdem am vergangenen Wochenende die Existenz von über 700.000 Dokumenten, den "Luanda Leaks", bekanntgegeben wurde, die ihr Diebstahl, Geldwäsche und Korruption in Milliardenhöhe vorwerfen, erhob der angolanische Generalstaatsanwalt Helder Pitta Groz jüngst Anklage in der Hauptstadt Luanda. Der Chefankläger forderte die ehemalige Präsidententochter zur Kooperation mit den angolanischen Behörden und zur Rückkehr in die Heimat auf. Andernfalls werde ein internationaler Haftbefehl ausgestellt.

Dass die "Prinzessin", wie dos Santos zu Hause bitter genannt wird, der Aufforderung Folge leisten wird, ist unwahrscheinlich: Sie lebt schon seit dem Abtritt ihres Vaters 2017 in London – und Großbritannien hat mit Luanda kein Auslieferungsabkommen. Allerdings wurden mittlerweile auch in Portugal Ermittlungen aufgenommen: Die Milliardärin, die das US-Magazin "Forbes" auf 2,2 Milliarden Dollar schätzt, hat einen erheblichen Teil ihres Reichtums in der ehemaligen Kolonialnation Angolas angelegt. Sie ist dort an einer Erdölgesellschaft und einer Telekomfirma beteiligt und hielt bis vor wenigen Tagen 42,5 Prozent der Anteile an der portugiesischen Eurobic-Bank. Doch das Geldinstitut legte ihr nahe, ihren Anteil zu verkaufen, was dos Santos inzwischen auch tat.

Dos Santos beklagt politischen Hintergrund

Der dringenden Bitte war ein tragischer Zwischenfall vorausgegangen. Ein führender Manager der Bank war in Lissabon tot in seiner Garage aufgefunden worden, er hatte sich offenbar erhängt. Nuno Ribeiro da Cunha war einer der engsten Geschäftspartner der "Prinzessin": Sein Name stand neben Isabel dos Santos auf der Liste der Angeklagten der angolanischen Staatsanwaltschaft. Nun ist ein Selbstmord kein Geständnis: Ribeiro habe unter Depressionen gelitten, wird kolportiert.

Unterdessen hat die um ihr Vermögen und ihren Titel bangende reichste Frau Afrikas zum Gegenangriff geblasen. Die Vorwürfe seien Teil einer einzigartigen politisch motivierten Verleumdungskampagne, schimpft die Prinzessin: Der Nachfolger ihres Vaters, João Lourenço, habe zu einer Hexenjagd gegen sie aufgerufen. Dabei habe sie in Angola über 20.000 Arbeitsplätze geschaffen und im vergangenen Jahr über 100 Millionen Dollar Steuern bezahlt, heißt es in ihrer jüngsten schriftlichen Stellungnahme: "Ich bin eine private Geschäftsfrau ... und habe mich immer im rechtlichen Rahmen bewegt."

PwC involviert

Zum Beweis führte sie an, dass sie regelmäßig renommierte Rechnungsprüfer wie Pricewaterhouse Coopers (PwC) zur Aufsicht über ihr Firmenimperium angeheuert habe. Doch zumindest PwC ist selbst in den Skandal verstrickt: Die Auditoren sollen dos Santos bei der Geldwäsche noch geholfen haben, geht aus den "Luanda Leaks" hervor. Sein Unternehmen habe "die äußerst ernsthaften und besorgniserregenden Vorwürfe" zur Kenntnis genommen, räumte PwC-Chef Bob Moritz ein. Ein führender Manager seines Hauses musste bereits den Hut nehmen.

Nach ihrem empörten Brief legte Isabel dos Santos zum Wochenende noch nach: Sie kündigte an, ihrerseits den angolanischen Staat wegen Verleumdung zu klagen. Offensichtlich will sich die angeschlagene Prinzessin nicht kampflos geschlagen geben. Doch über ihrer Reaktion hängt der Schatten der Verzweiflung. (Johannes Dieterich, 27.1.2020)