Eine Schneekanone in Tirol. Der klimakühlende Effekt solcher Beschneiungsanlagen ist geringer als angenommen, sagen Forscher,

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Künstlich beschneite Skipisten reflektieren mehr Sonnenlicht als ausgeaperte Wiesen und kühlen damit im Frühling das lokale Klima. Der Effekt ist aber viel geringer als in einer früheren Studie angenommen und macht den Kunstschneebetrieb nicht klimaneutral, berichten Wiener Wissenschafter im Rahmen eines Projekts über den Einfluss künstlicher Beschneiung auf den Strahlungshaushalt in Skiregionen.

Im Jahr 2017 haben Forscher der steirischen Forschungsgesellschaft Joanneum Research in einer Studie für Skigebiete in Tirol und der Steiermark errechnet, dass der klimakühlende Effekt durch die geringere Aufnahme von Strahlungsenergie bei künstlichem Schnee im Vergleich zu Wiesen die Emissionen der Kunstschneeerzeugung aufwiege. Die Beschneiung kann nicht nur die Skisaison verlängern, sondern verlängert auch die Zeit mit einer geschlossenen Schneedecke auf den Pistenflächen. Die steirischen Forscher arbeiteten damals jedoch mit "stark vereinfachten Methoden", so Wissenschafter des Instituts für Meteorologie und Klimatologie der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien.

Negative Bilanz

Sie haben mit Experten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) ein viele Faktoren berücksichtigendes Strahlungsmodell für die Pisten in der Skiregion Saalbach-Hinterglemm in Salzburg erstellt. Es geht neben der Albedowirkung von Schnee und Wiese auch auf die genaue Landnutzung ein, berücksichtigt Abschattungseffekte, die Wirkung der Bäume entlang der Pisten, Mehrfachreflexionen an Gegenhängen und die natürliche Schneelage. Schon allein das Einbeziehen der Bäume reduziert den "Strahlungsantrieb" um 16 bis 46 Prozent, so die Wissenschafter. "Im Frühling, wo der Effekt am relevantesten ist, wurde in der früheren Studie der Kühleffekt um das sechsfache überschätzt", erklärte Herbert Formayer von der Boku Wien.

In der aktuellen Studie wurde der Albedo-Effekt zwar nicht gegen die CO2-Emissionen gegengerechnet, aber "wenn man ihn entsprechend reduziert, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Bilanz nicht mehr positiv ist, wenn man das gegenrechnet", so der Wissenschafter, der die im Rahmen des Forschungsprogramms "Start Clim" durchgeführte Studie leitet.

Weitere Emissionen nicht berücksichtigt

Außerdem hätten die steirischen Forscher dem Albedo nur die CO2 Emissionen entgegengesetzt, die beim Skibetrieb direkt entstehen, was bereits bei der Veröffentlichung der Studie kritisiert wurde. "Eigentlich müsste man zum Beispiel die Emissionen aus dem Anreiseverkehr und ähnliches miteinrechnen", so Formayer. Dies würde die Chancen auf einen insgesamt positiven Effekt der Beschneiung auf das Klima weiter drücken.

In dem von der Boku geleiteten Forschungsprogramm "Start Clim" setzen sich seit 2003 österreichische Forscher aus unterschiedlichen Disziplinen mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auseinander. Der jährliche "Start Clim"-Bericht mit der Studie "SnowAlb – Effekte künstlicher Beschneiung auf den Strahlungshaushalt in der Skiregion Saalbach-Hinterglemm" wurde kürzlich veröffentlicht. (red, APA, 27.1.2020)